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Miteinander statt Gegeneinander

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Internationaler Wettbewerb Verfemte Musik Schwerin
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Wettbewerbe können in Zeiten des harten Musik-Business zur Beförderung manch vielversprechender Musikerkarriere mehr als hilfreich sein. Auch, wenn sie dem wirklichen Geist des Musizierens – wo es doch um ein Miteinander, um Austausch geht – durch das Prinzip der Konkurrenz und des Leistungsvergleiches eigentlich widersprechen. Bei einem Wettbewerb, bei dem es um „Verfemte Musik“ geht, scheint sich diese Problematik noch zu verstärken. Viele Komponisten mussten während des Nationalsozialismus emigrieren oder sie kamen in den Gaskammern um. Ihre Musik war in dieser Zeit verboten und geriet daher in Vergessenheit. Manch überlebende Zeitzeugen, Musiker wünschen sich heute die Rehabilitierung der einst verfemten Musik, und vor allem, dass sie Eingang finde in den so genannten „normalen“ Konzertbetrieb. Bei Komponisten wie Viktor Ullmann oder Hans Krása zeichnet sich in den letzten Jahren auch durchaus eine positive Entwicklung ab.
Wird die „Verfemte Musik“ nun bei einem Wettbewerb zum Thema gemacht, also ausschließlich gespielt, so sollte das Problem der Ghettoisierung zumindest kritisch bedacht werden. Dass der von der Jeunesses Musicales Mecklenburg-Vorpommern zum dritten Mal ausgetragene Wettbewerb (Leitung Volker Ahmels) dieser Gefahr auf ganz eigene Weise begegnet, sollte zum Nachahmen anregen.

Was den Wettbewerb „Verfemte Musik“ zu einem vielschichtigen Projekt, zu einer anregenden Stätte der Begegnung macht, ist das umfangreiche Rahmenprogramm. Neben den Wettbewerbsvorspielen in den Kategorien Kammermusik, Gesang und Klavier solo gab es zwei Ausstellungen, Konzerte, Lesungen, eine Filmvorführung, ein Komponistenportrait, Möglichkeiten des Austausches mit Zeitzeugen. Eine der bewegendsten Veranstaltungen war etwa die „Hommage an Brundibar“, ein Abend, der genau am 61. Jahrestag der Uraufführung (23.9.1943) dieser Kinderoper von Hans Krasa stattfand. „Brundibar“ war im Ghetto Theresienstadt über 50 Mal aufgeführt worden, ein zauberhaftes Stück, in dem schwache Kinder durch Solidariät über das eigentlich stärkere Böse triumphieren. Bei dieser Hommage waren acht Zeitzeuginnen anwesend, die von den Aufführungen berichteten. Dieselben Zeitzeuginnen sind auch die Hauptpersonen in einem mehr als lesenswerten Buch: „Die Mädchen von Zimmer 28“ (Droemer Knaur) der Berliner Autorin Hannelore Brenner-Wonschick, das vom Alltag der Mädchen in Theresienstadt berichtet. In Schwerin gab es nicht nur eine Lesung aus dem Buch, sondern eine hoch spannende Ausstellung mit zahlreichen Dokumenten und Informationen aus dieser Zeit. Glücklicherweise wird diese Ausstellung durch viele Städte „weiterwandern“.

Die Vorführung des Charlie Chaplin-Filmes „Der große Diktator“ von 1940 zeigte den kritischen Blick auf Facetten des Nationalsozialismus mit komödiantischen Mitteln. Es war der Sohn von Charlie Chaplin, Michael Chaplin in Schwerin, der über die Gedanken seines Vaters zum Faschismus und seiner künstlerischen Antwort darauf einen exzellenten Vortrag hielt.

Die rund 60 Teilnehmer kamen aus aller Welt (aus Israel, Polen, Frankreich und Deutschland). Dass der Wettbewerb erstmals auch international war, bedeutete im Vergleich zu den Vorjahren eine erhebliche Niveausteigerung.

Das Graffe Quartett aus Prag bot eine reife Interpretation einer Fuge von Gideon Klein, mit ungeheurem Gespür für Klangsinn und dramaturgischer Spannungsdisposition, auch die zweiten Preisträger – das Bläserquintett der Jungen Deutschen Philharmonie – agierten auf diesem Niveau. Hervorragend auch der Sieger in der Kategorie Gesang, der Bariton Matthias Flohr, der unter anderem feinsinnige Lieder von Viktor Ullmann bot. Vielversprechend der erst 17-jährige Tscheche Lubos Skala, ein Bariton, der nicht nur ein wunderbar warmes Stimmtimbre hat, der auch etwa Lieder von Bohuslav Martinu unglaublich anrührend vorstellte. In der Kategorie Klavier boten die beiden Preisträger Gints Racenis (Lettland) und Clemens Berg (Deutschland) absolut professionelle Interpretationen.

Wichtiger aber ist, dass es bei diesem Wettbewerb mehr um das Miteinander als um das Gegeneinander geht. Die vielfältigen Möglichkeiten, sich lebendig mit Geschichte auseinander setzen zu können und damit den Erfahrungshorizont zu erweitern, werden sich fruchtbar auf das Bewusstsein dieser jungen Künstler auswirken.

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