Die Wagner-Festspiele in Bayreuth gelten als internationales Aushängeschild. Hinter den Fassaden gibt es nicht nur Sanierungsbedarf. Ein wichtiger Geldgeber will sich auch die Strukturen anschauen.
Berlin/Bayreuth (dpa) – Mit den Richard-Wagner-Festspielen in Bayreuth steht ein internationales Aushängeschild auf dem Prüfstand. Der Bund, einer der großen Gesellschafter, will sich die Strukturen auf dem berühmten Grünen Hügel vornehmen. „Wenn man Schwierigkeiten erkennt, sollte man die Lösung nicht auf die lange Bank schieben“, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Mir geht es darum, dass es in Bayreuth vernünftige und wirksame Strukturen gibt.“
Der Bund hält wie Bayern und die Gesellschaft der Freunde von Bayreuth 29 Prozent der Anteile an der Bayreuther Festspiele GmbH. Die Stadt ist mit den restlichen 13 Prozent dabei. Jenseits der anstehenden Sanierungsarbeiten finanzierte Berlin im vergangenen Jahr
2,9 Millionen Euro des knapp 27 Millionen Euro betragenden Etats. Für die rund 178 Millionen Euro teure Sanierung des Festspielhauses hat der Bund zuletzt noch weitere 84,7 Millionen Euro zugesagt.
Aus Sicht von Grütters geht es „nicht nur darum, wer wieviel Mitspracherecht hat, sondern vor allem darum, wie wir das Publikum erreichen“. Auch die Bayreuther Festspiele würden zu einem Großteil mit Steuergeldern finanziert. „Da muss man einfach fragen: Wird die Bringschuld eines national und international bedeutsamen Opernfestivals eingelöst? Werden die Erwartungen des Publikums angemessen berücksichtigt? Sind die Strukturen geeignet, damit ein Höchstmaß an künstlerischer Leistung erbracht werden kann? Da hat es in der Vergangenheit manchmal doch Reibungsverluste gegeben“, sagte Grütters.
Die herausgehobene Position der Familie Wagner stellt Berlin dabei nicht in Frage. „Bei den Bayreuther Festspielen muss und sollte man die Rolle der Familie angemessen würdigen“, sagte Grütters. „Die Familie verteidigt dort mit Recht ihre Mitwirkungsansprüche. Die Frage ist eher, ob die geltenden Satzungen und Gesellschafterverträge heute noch zeitgemäß sind.“
Auch die Festspielchefin wird von Grütters gestützt. „Katharina Wagner hat in den vergangenen drei Jahren die Bayreuther Festspiele neu aufgestellt und auch vieles geschaffen, das es vorher nicht gab.“ Die Kulturstaatsministerin verwies etwa auf den „Diskurs Bayreuth“ als Podium der Festspiele für Uraufführungen, Konzerte und Gespräche.
„Schon seit ihrem Amtsantritt verantwortet sie die sehr beliebte und von Kritikern hoch gelobte Kinderoper“, sagte Grütters. Durch die Übertragung der Festspieleröffnung in die Kinos im In- wie Ausland sei es gelungen, die Festspiele für ein sehr großes Publikum auch außerhalb Bayreuths zu öffnen. Zudem habe sich Katharina Wagner der Aufarbeitung ihrer Familiengeschichte gestellt.
Nach der coronabedingten Absage 2020 will auch Grütters Festspiele im kommenden Jahr. „Die Festspiele in Bayreuth sollten 2021 auf jeden Fall stattfinden. Das sind wir dem Publikum, das sind wir Bayreuth und den Festspielen schuldig.“ Allerdings sei zu befürchten, dass auch im nächsten Sommer noch immer Abstandsregeln für Opernhäuser gelten werden. „Das würde auch bei den Bayreuther Festspielen zu erheblichen Mindereinnahmen führen. Deshalb sind vorerst nur 22 anstelle der üblichen 32 Vorstellungen geplant“, sagte Grütters.