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Das Publikum dorthin führen, wo es richtig weh tut …

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Peter Konwitschny und seine Inszenierungen: stets auf einer Ebene mit Komposition und Libretto
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Frank Kämpfer: Musiktheater heute. Peter Konwitschny, Regisseur. Europäische Verlags-Anstalt, 242 Seiten, ISBN 3-434-50505-9, € 24,50

Frank Kämpfer: Musiktheater heute. Peter Konwitschny, Regisseur. Europäische Verlags-Anstalt, 242 Seiten, ISBN 3-434-50505-9, € 24,50I n den vergangenen Jahren hat Peter Konwitschny ein ums andere Mal den Titel „Regisseur des Jahres“ von der Fachzeitschrift „Opernwelt“ verliehen bekommen. Auch die großen Namen der internationalen Opernszene können diesem Großmeister in den Augen der Kritiker nicht das Wasser reichen. Die direkte Publikumsreaktion sieht oft anders aus. Ob in Dresden oder Hamburg, wo er in Deutschland am häufigsten inszenierte, in Essen oder Gelsenkirchen, der Buhsturm bei der Premiere war ihm stets sicher. Konwitschny führt sein Publikum dort hin, wo es richtig weh tut, wo der Aufschrei des ins Mark getroffenen Bürgertums zur Ehrensache wird. Gleichzeitig gehört er zu den wenigen Opernregisseuren mit beinahe untrüglichem Theatergespür, die aus dem Opernabend immer wieder ein ungeheuer sinnliches Erlebnis machen. Verwunderlich, dass noch nicht viele Fanartikel auf dem Markt sind. Keine Erinnerungsbücher mit Hochglanzbildern von den schönsten Augenblicken, keine Heldenverehrung zwischen Buchdeckeln. Vor einigen Jahren hat der Germanist, Musikwissenschaftler und Deutschlandfunkredakteur bereits eine Materialsammlung zum Thema vorgelegt, die er nun gründlich überarbeitet und aktualisiert hat.

Peter Konwitschny polarisiert. Nicht nur in der Ablehnung sind viele Beobachter unbelehrbar, auch in der Zustimmung bleiben nicht immer alle Sicherungen in der Fassung. Verehrer und Assistenten sprechen, wenn auch leicht ironisch gemeint, vom „Meister“, und wer sich gründlich unbeliebt machen möchte, der spreche in diesem Kreis die weniger gelungenen Arbeiten, etwa den Hamburger „Freischütz“ oder Nonos „Intolleranza“ in Berlin an... ein wenig von dieser Heldenverehrung haftet auch Frank Kämpfers Fleißarbeit an. Besonders in den eigenen Besprechungen neuerer Inszenierungen wäre etwas mehr kritische Distanz durchaus wünschenswert. Erhellender sind Konwitschnys eigene Äußerungen, Konzeptionspapiere und Interviews. Hier zeigt sich der selbstbewusste „nachschöpfende Künstler“, der sich mit seinem eigenen Schaffen ebenbürtig neben den Komponisten und den Librettisten stellt. Nicht aus Hybris sondern aus der tief empfundenen Notwendigkeit, die überkommene Kunstform für uns Zeitgenossen erneut fruchtbar zu machen. Wer Konwitschnys Verstörung nach dem legendären Dresdner Skandal um seine „Csárdásfürstin“-Inszenierung erlebt hat, der wusste schon vorher, dass Peter Konwitschny keine skandalverliebte Krawallschachtel ist. Wenn er sich große szenische Freiheiten nimmt, so entwickelt er sie immer aus der Partitur, stets macht er plausibel, wieso er aus dem musikalischen Verlauf zu einer bestimmten Bildlösung kommt. In dieser Zusammenstellung zeigt er sich darüber hinaus als intellektueller Analytiker musikalischer Strukturen, auch wenn diese Analyse nicht immer schmeichelhaft für den Komponisten ist. In der Dokumentation werden auch die lange zurückliegenden Arbeiten, etwa bei den Halleschen Händel-Festspielen erwähnt, während die neuesten Inszenierungen des äußerst produktiven Regisseurs natürlich fehlen müssen. Ein hoch willkommenes Buch, das auch aus diesem Grund mit Sicherheit nicht das letzte Wort zu diesem herausragenden Künstler sein wird.

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