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Der Kunst Anreize und Spielräume verschaffen

Untertitel
Laudatio für Bernhard Freiherr Loeffelholz von Colberg ·
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Als ich vor einigen Wochen diese Einladung leichtfertig angenommen habe, wusste ich überhaupt nicht, was am heutigen Tage sein würde. Das schönste an einer Demokratie ist ja das Wählen, das schwierigste ist das gewählt Werden – ich habe es heute gerade hinter mir –, aber ich wusste auch nicht, dass heute Nachträge zur Koalitionsverhandlung bekannt würden. Damals habe ich die Einladung zu dieser Laudatio gerne angenommen, da ich geehrt war und auch überrascht, dass ich die Laudatio halten sollte – heute denke ich: hätten Sie doch Herrn Eichel gebeten! Wie auch immer – ich glaube, wir werden in der nächsten Zeit einigen Ärger wegzuräumen haben, einiges zu tun haben und ich finde, die heutige Versammlung hier, die zu Ihren Ehren hergekommen ist, ist potent, schwergewichtig und illuster genug, um Sie gleich als NGO hier alle zu verhaften, dass Sie in dieser Sache mit tätig werden sollen, über die ich Ihnen noch nichts Endgültiges sagen kann, außer meiner Bereitschaft, auf welcher Ebene auch immer, mitzumachen, dass wir gute Beschlüsse hinkriegen.

Als ich vor einigen Wochen diese Einladung leichtfertig angenommen habe, wusste ich überhaupt nicht, was am heutigen Tage sein würde. Das schönste an einer Demokratie ist ja das Wählen, das schwierigste ist das gewählt Werden – ich habe es heute gerade hinter mir –, aber ich wusste auch nicht, dass heute Nachträge zur Koalitionsverhandlung bekannt würden. Damals habe ich die Einladung zu dieser Laudatio gerne angenommen, da ich geehrt war und auch überrascht, dass ich die Laudatio halten sollte – heute denke ich: hätten Sie doch Herrn Eichel gebeten! Wie auch immer – ich glaube, wir werden in der nächsten Zeit einigen Ärger wegzuräumen haben, einiges zu tun haben und ich finde, die heutige Versammlung hier, die zu Ihren Ehren hergekommen ist, ist potent, schwergewichtig und illuster genug, um Sie gleich als NGO hier alle zu verhaften, dass Sie in dieser Sache mit tätig werden sollen, über die ich Ihnen noch nichts Endgültiges sagen kann, außer meiner Bereitschaft, auf welcher Ebene auch immer, mitzumachen, dass wir gute Beschlüsse hinkriegen. Das Ganze passt auch sehr gut zu Ihrer Arbeit, Herr von Loeffelholz. Sie sind nämlich ein Mensch, dem schon sehr früh klar geworden ist, dass die öffentliche Hand die vielfältigen Aufgaben in der Kulturförderung niemals allein schultern kann und der sich seit mehreren Jahrzehnten mit der Lösung des Problems sehr kreativ auseinander gesetzt hat und immer, indem er sich selber in die Lösung des Problems miteinbezogen hat. Das habe ich an Ihnen immer ganz außerordentlich geschätzt – dass Sie niemals nur Sender, sondern immer gleich Empfänger der Ansprüche waren, die Sie an andere gestellt haben.

Ich spiele hier auf Ihre Passion an, die zum zweiten Drehpunkt und ich glaube, wenn ich Sie richtig verstanden habe, zum wichtigsten Moment Ihres Lebens gemacht worden ist. Denn Sie kommen ja einerseits aus der Wirtschaft – nachdem Sie in München und Saarbrücken Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft studiert haben, promovierten Sie an der FU Berlin, Ende der 60er-Jahre wurden Sie Mitarbeiter Jürgen Pontos bei der Dresdner Bank. Und das ist nun wieder etwas Merkwürdiges am heutigen Tag: Sie werden sich erinnern, dass wir heute vor 25 Jahren die Toten in Stammheim hatten, die nun ihrerseits dem Tod von Hanns-Martin Schleyer und seinen beiden Fahrern gefolgt sind. Das ist eine sehr eigenartige Koinzidenz der Daten. Wir haben darüber nie gesprochen, auch wir beide persönlich nicht, aber ich habe, je mehr ich darüber nachgedacht habe, verstanden, dass Ihr Engagement für die Kultur irgendwie etwas damit zu tun haben musste, dass Sie das letztendlich für die einzige Möglichkeit halten, extreme Gewalt zu überwinden, und auch extreme gesellschaftliche Konflikte zu überwinden. Und das ist nun wiederum ein gutes Erinnerungsmoment an die Frage: Wie löst man das, was uns weltweit jetzt beschäftigt? Nämlich das neue und andere und noch gravierendere Terrorismusproblem. Welchen Beitrag kann das Engagement für die Kultur dabei leisten? Ich glaube, Sie haben immer verstanden – und so lese ich das auch aus Ihrem Leben –, dass Kultur ein sehr großes Moment dabei spielen muss. Schnell durchliefen Sie eine vorbildliche Banklaufbahn, wurden zunächst Direktor der Niederlassung München und später dann Direktor der Zentrale in Frankfurt. Auf der Höhe Ihrer Karriere verlagerten Sie Ihre Tätigkeit von der Wirtschaft hin zu Ihrer zweiten, größeren Passion, der Kultur. Zunächst in der Jürgen-Ponto-Stiftung, die zum Andenken an Ihren ehemaligen Vorgesetzten Jürgen Ponto nach dessen Ermordung durch die RAF errichtet wurde. Später waren Sie im Vorstand der Kulturstiftung Dresden der Dresdner Bank. Sie sind Vorstand der Orchesterakademie des Berliner Philharmonischen Orchesters, das wir hier in Abwesenheit sehnsüchtig erwarten, die Sie unter anderem zusammen mit Herbert von Karajan schon 1972 gegründet haben. Ich beneide Sie darum, dass Sie so früh schon solche wichtigen Bündnisse schließen konnten. Die Akademie bietet besonders begabten Nachwuchsmusikern nicht nur eine ausgezeichnete Ausbildung, sondern ermöglicht ihnen auch die Mitarbeit im Berliner Philharmonischen Orchester. Diese Erfahrung ist für die jungen Musiker von außerordentlicher Bedeutung, und ich glaube, für viele auch dann die „Einstiegsdroge“ gewesen, Musik zu einer dauerhaften beruflichen Existenz zu machen – denn wer mal mit den Philharmonikern spielen durfte, glaube ich, der kann das nie wieder lassen. Für Ihre Verdienste in der Förderung junger Musik sind Sie im Jahre 2000 mit der Leo-Kestenberg-Medaille des Verbands deutscher Schulmusiker ausgezeichnet worden. Zudem sind Sie seit 2001 Präsident des Sächsischen Kultursenats, um nur einige ausgewählte Funktionen im Kulturbereich zu nennen. Seit 1978 ist Herr von Loeffelholz ehrenamtliches geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft, und da haben wir sie dann – die für manche Menschen typische Ämterhäufung. Und zwar immer im ehrenamtlichen Bereich, immer mit viel, viel Zeit. Das kostet Zeit – bringt aber gute Laune.

Die zentrale Fragestellung in Ihrem Leben ist die Verbindung zwischen Wirtschaft und Kultur. Kaum jemand hat sich intensiver um eine Verständigung und Verbindung dieser beiden Bereiche unserer Gesellschaft bemüht – das haben meine beiden Vorredner auch schon gesagt. Dabei sind Sie von der Überzeugung ausgegangen, dass Wirtschaft und Kultur sich gegenseitig brauchen – eine Gesellschaft, die auf reiner Ökonomie basiert, würde ohne die finanzielle Unterstützung auch aus der Wirtschaft genauso verkümmern wie die Kultur – und das ist heute aktuell etwas klarer. Nicht nur, dass wir dieses Riesenproblem der Spendenregelung vor uns haben, wo wir uns alle zusammenschließen wollen, es zu lösen, sondern auch weil ich glaube, dass kulturelle Voraussetzungen in Zukunft unter den neuen ökonomischen Bedingungen noch sehr viel mehr eine Bedeutung haben werden – zum Beispiel, diese neuen wirtschaftlichen Betriebe auch in die Fläche, auch in die Provinz zu verlagern. Und da wird es eine immer entscheidendere Rolle spielen, wie viel Kultur diese neuen Betriebe, die weitgehend mittelständische Betriebe sein werden, vorfinden. Und darum wird es eine ganz wichtige Standortentscheidung sein, ob es diese kulturellen Daten noch gibt. Ich hätte da eine ganze Menge an neuen Bündnissen anzubieten, für die ich Ihre Hilfe auch noch gebrauchen könnte, übrigens auch in Berlin – also, wenn Sie bei der Operninitiative mitmachen wollen: herzlich willkommen!

Die Künste zeichnen sich dadurch aus, dass ihr Nutzen nur schwer und vor allem nicht in Zahlen messbar ist. Wie kann man die Wirtschaft nun davon überzeugen, dass sich Investitionen in Kunst und Kultur, die sich schwer in Zahlen messen lassen, trotzdem lohnen? Sie, Herr von Loeffelholz, machen uns dies seit Jahren vor. Sie knüpfen dabei an die mäzenatische Tradition des 19. Jahrhunderts an, die ja gerade in Deutschland eine bürgerliche Tradition war, die auch diesen emanzipatorischen Impuls hatte zu sagen: Was früher und anderswo der Hof macht, das können wir schon alleine und wir können es besser und reichhaltiger und flächendeckender und nachhaltiger.

Diejenigen, die etwas von der Gesellschaft bekommen haben, haben damit der Gemeinschaft etwas zurückgeben wollen. Und dieser Zusammenhang, dass man sich verpflichtet fühlt, einer Gesellschaft, die einem die Möglichkeit gibt, kulturelle Welterfahrungen zu machen, eine vorzügliche Bildung zu genießen, dass das umgesetzt wird in einen Impuls: nun will auch ich mich für das Gemeinwesen engagieren.

Das ist zunehmend etwas, das auch in einer sich entwickelnden Zivilgesellschaft verstanden wird und das jemand wie Sie früher als andere verstanden hat. Wir beide – um jetzt das Rätsel zu lösen, was uns überhaupt verbindet – wir beide haben hart an der Stiftungsreformdebatte gekämpft und ich weiß, dass ich, als ich Sie damals eingeladen hatte, keineswegs sicher war, ob Sie kommen würden. Sie sind sofort gekommen. Sie sind sehr kämpferisch gekommen und haben gesagt, genau an dieser Sache mache ich sehr gerne mit – und ich finde, wenn wir nun so zurücksehen, haben wir jeder an unserem Platz doch einiges bewegt. Wenn ich allein daran denke, dass wir seit der Reform des Stiftungssteuerrechts und des Stiftungszivilrechts jährlich tausend neue Stiftungen haben, dann kann man das auch in Mark und Pfennig oder in Euro und Cent ausrechnen, wie viel Geld tatsächlich in den Kulturbereich, im Wesentlichen in Kultur, oder in den Sozialbereich oder den ökologischen Bereich in dieser Zeit gegangen ist. In der Kunst- und Kulturförderung ist die Stiftung nun einmal der beste Weg, denn sie gewährt Unabhängigkeit und Dauerhaftigkeit in der Finanzierung. Sie gewährt das, was Kultur am meisten braucht: nämlich einerseits Planungssicherheit, denn alle großen Kulturvorhaben müssen lange vorher geplant werden, und gleichzeitig Freiheit, künstlerische Freiheit. Also: ökonomische Berechenbarkeit und künstlerische Autonomie. Das bedeutet ein Auskommen für die Künstler und Erhaltung und Pflege ihrer Werke. Die Kunst ist ja eine langsame Tätigkeit. Sie braucht Anreize und Spielräume, um sich zu entwickeln und zu entfalten, und sie braucht Zeit, um zu reifen. Und sie braucht noch einmal mehr Zeit, um Anerkennung zu finden. Jedenfalls die großen, die sperrigen, die gegen den Zeittrend gerichteten Werke. Sie haben erkannt, dass die Wirtschaft nicht nur die Kapazitäten für eine effektive Stiftungsarbeit hat, sondern dass sie auch ein ureigenes Interesse an den Produkten dieser Kunst hat. Der Kulturkreis fördert besonders die jungen Künstler und Künstlerinnen aller Sparten und investiert also klug in seine, in unser aller Zukunft.

Denn genau diese kreativen Potenziale sind der eigentliche Reichtum dieses Landes. Eines wird gerne bei der privatwirtschaftlichen Kulturförderung übersehen: da wo Geld fließt und Unterstützung vorgeschossen wird, können auch Abhängigkeiten entstehen. Dort wo die Wirtschaft investiert, sollen ja in der Regel Gewinne eingefahren werden. In der Verbindung von Kultur und Wirtschaft liegt also auch eine Gefahr: dass nämlich der Künstler und die Künstlerin sich vereinnahmen lassen, dass sie sich auf das glatte Parkett der Popularität, der schnellen Wirkung, der kurzfristigen Wirkung verführen lassen. Aber die wahre Kunst führt ein Eigenleben und braucht diesen Abstand zum Gefälligen; sie ist eben nicht das, was sich momentan gut verkaufen lässt oder womit sich momentan die Büros gut ausschmücken lassen. Sie entwickelt sich oft gegensätzlich zu den Trends der Zeit. Dabei ist sie genauso anfällig für Schmeichelei, Korruption und Intrigen wie andere Teile unserer Gesellschaft auch, nur, würde sie dem nachgeben, würde sie daran zugrunde gehen. Es ist also außerordentlich wichtig, dass es Menschen gibt, die sich für die Unabhängigkeit der Künste engagieren, ja, die sie geradezu mit großem Pathos vertreten. Und zwar müssen sie an den Stellen handeln und einwirken, wo diese Gefahr zur Abhängigkeit am größten ist. Und hier sehe ich den dritten Grund für die Ehrung heute Abend, gerade Ihnen gegenüber. Sie nämlich bringen nicht nur die Wirtschaft und die Kultur zusammen, sondern Sie plädieren auch, wenn ich Sie richtig verstanden habe, in all Ihren Beiträgen, Reden und Gesprächen für die Wahrung dieser künstlerischen Autonomie, dieser Nichtverfügbarkeit, auch nicht für die Interessen der Sponsoren. Finanzielle Unterstützung – gerne, Einflussnahme aber so gering wie möglich. Diese Position zeichnet einen wirklichen Liebhaber der Freiheit der Künste aus.

Und das ist das Konzept, das den Kulturkreis so außergewöhnlich macht. Die meisten Menschen können sich glücklich schätzen, wenn sie ein Thema für ihr Leben gefunden haben und darin auch Erfolge erzielen können. Sie, Herr von Loeffelholz können dies gleich in zwei Bereichen für sich geltend machen, die noch dazu in einer sehr komplexen Beziehung zueinander stehen: Für Ihre wirtschaftliche Arbeit sind Sie, glaube ich, auch schon einige Male ausgezeichnet worden, unter anderem durch das Bundesverdienstkreuz, aber ich bin ziemlich sicher, dass die künstlerischen Ehrungen irgendwie für Sie noch wichtiger sind. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, sehr verehrter Herr von Loeffelholz, weiterhin viel Kraft für Ihre Arbeit und weiterhin viele Ideen und weiterhin dieses streitbare Element, für die Freiheit der Kunst einzutreten, auch diese Tapferkeit vor denen, die dann doch das Geld bereitstellen müssen.

Das, was Sie hier erhalten, ist ja ein Märchenmotiv, dazu noch sehr symbolisch: aus dem Pfennig ist ein Groschen geworden, eine Mark oder ein Euro soll noch daraus werden, eigentlich heißt das ja, dass man Ihnen die Kraft zutraut, Gold zu spinnen und aus diesen symbolischen Dingen auch weiterhin kräftige Taler für die Kultur zu machen. Ich bin ziemlich sicher, diese Hoffnung werden Sie nie enttäuschen, solange Sie sich für Kunst und Kultur einsetzen, und dafür möchte ich mich im Namen von uns allen für Ihre Arbeit bedanken!

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