Hauptsorge der Musikvereine in der Bundesrepublik ist momentan die sozialversicherungsrechtliche Behandlung ihrer Dirigenten. Neue gesetzliche Regelungen haben bei den über 15.000 Vorsitzenden für Unsicherheit gesorgt: Scheinselbstständigkeit und Neuregelung der 630-Mark-Jobs, Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und Statusklärung bei der BfA – mancher Ehrenamtliche wird wider Willen zum Jura-Fachmann. Die Dachverbände der Laienmusik haben ihre Sorgen im Deutschen Bundestag angesprochen und wurden gehört: Erfolg auf der ganzen Linie!
Hauptsorge der Musikvereine in der Bundesrepublik ist momentan die sozialversicherungsrechtliche Behandlung ihrer Dirigenten. Neue gesetzliche Regelungen haben bei den über 15.000 Vorsitzenden für Unsicherheit gesorgt: Scheinselbstständigkeit und Neuregelung der 630-Mark-Jobs, Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes und Statusklärung bei der BfA – mancher Ehrenamtliche wird wider Willen zum Jura-Fachmann. Die Dachverbände der Laienmusik haben ihre Sorgen im Deutschen Bundestag angesprochen und wurden gehört: Erfolg auf der ganzen Linie!Noch unklar ist derzeit, ob Dirigenten als Selbstständige oder abhängig Beschäftigte zu sehen sind. Obwohl tendenzielle Aussagen des Bundesarbeitsministeriums (BMA) und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) vorliegen, die eine Selbstständigkeit vermuten, ist eine endgültige Entscheidung noch nicht gefallen. Dies ist aber der einzige offene Punkt in einer ganzen Welle positiver Entwicklungen.Sind denn die Dirigenten tatsächlich selbstständig, so besteht die Frage, ob Musikvereine als Verwerter künstlerischer Leistungen abgabepflichtig zur Künstlersozialkasse (KSK) werden. In den vergangenen Monaten waren solche Organisationen mit Bescheiden von rückwirkenden Zahlungen im fünfstelligen Bereich versehen worden – ein Todesurteil für ehrenamtliches Engagement in der kulturellen Arbeit der Bundesrepublik!
Im Zuge der geplanten Novellierung des Künstlersozialversicherungsgesetzes haben die Dachverbände der Laienmusik darauf hingewiesen, dass eine hohe Rechtsunsicherheit bestehe, ob Vereine abgabepflichtig seien. Selbst die Gerichte sind darüber uneinig. Als bisher einziges Urteil ist die als „Würzburger Urteil“ bekannt gewordene Entscheidung davon ausgegangen, dass eine Abgabepflicht nicht zu sehen sei. Die Bundesvereinigung Deutscher Blas- und Volksmusikverbände e.V. (BDBV) hat ihre rund 11.000 Vereine gebeten, einen vorformulierten Musterbrief an die jeweiligen lokalen Bundestagsabgeordneten zu schicken und diese darin darauf aufmerksam zu machen, dass in ihrem Wahlkreis eine akute Bedrohung der Vereinsarbeit bevorstehe. Parallel hat die BDBV die zuständigen Fraktionsmitglieder und weitere politische Führungskräfte informiert.
Die so entwickelte Aufmerksamkeit und Dynamik musste nun genutzt und fortgeführt werden. So konnte die Laienmusikbewegung in der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zeigen, wo im Gesetzentwurf Nachbesserungsbedarf besteht. Durch eine gelungene Vorbereitung war es möglich, den überwiegenden Teil der Anhörungszeit mit einer Diskussion der Anliegen von Musikvereinen zu nutzen. Bereits im Anschluss an diese Anhörung haben alle Fraktionen signalisiert, dass sie für das Problemfeld sensibilisiert seien und Änderungsvorschläge prüften.
Parallel hat die BDBV die Dachverbände des Musiklebens eingebunden und um Zustimmung zu ihren Vorschlägen gebeten. Gespräche mit den Verbänden der Musikwirtschaft, mit der Bundesvereinigung Deutscher Laienmusikverbände (BDLV) und mit dem Deutschen Musikrat haben zu einer einheitlichen Linie geführt. Diese Position war schließlich Gegenstand eines gemeinsam veranstalteten Parlamentarischen Abends in Berlin, bei dem über 40 Mitglieder des Deutschen Bundestages noch einmal Gelegenheit zur Information und Diskussion hatten.
Gespräche mit dem Bundesarbeitsministerium schließlich deckten auf, dass Differenzen zwischen den Auslegungen im BMA und bei der KSK bestanden. Ein erster unerfreulicher Bescheid ist inzwischen zurückgezogen. Eine klarstellende Formulierung im Gesetzestext und die Darstellung der Behandlung von Musikvereinen in einem gesonderten Infoblatt soll nun dafür sorgen, dass Vereine mehr Rechtssicherheit erhalten. Außerdem wird künftig auf regelmäßig für einen Verein tätige Dirigenten keine Künstlersozialabgabe mehr fällig. Dem Umstand der bisher bestehenden Unklarheit soll die KSK nach dem Willen des Kulturausschusses im Deutschen Bundestag Rechnung tragen, indem Beiträge erst ab einem Stichtag in der Zukunft erhoben werden und keine rückwirkenden Bescheide ergehen. So können die Verbände mit der geklärten Rechtslage umgehen, ihre Mitglieder beraten und Hilfestellungen geben, damit künftig gerechtfertigte Beiträge korrekt abgeführt werden, Vereine und ehrenamtlich Tätige aber nicht über Gebühr belastet werden – weder finanziell noch im organisatorischen Aufwand.
Es zeigt sich also, dass gerade die Laienmusik in der Bundesrepublik mit ihrer Verankerung in der Fläche die Chance hat, professionelles Lobbying erfolgreich zu betreiben. Eine wichtige Aufgabe für die Dachverbände und den Deutschen Musikrat, dies gemeinsam in flexibler Aufgabenverteilung zu gewährleisten und die notwendigen Ressourcen dafür bereitzustellen.
In diesem Fall mit dem Erfolg, dass Musikvereine für ihre hoffentlich künftig generell als selbstständig zu betrachtenden Dirigenten Sozialabgaben von bis zu zehn Millionen Mark jährlich nicht bezahlen müssen. Dafür lohnt sich die Arbeit.