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Das Phänomen Sponsoring ist facettenreich und dynamisch. Es weist unzählige Spielarten der Unterstützung, Förderung und Eigeninitiative auf. Hintergründe und Ausformungen des Sponsoring entwickeln sich laufend weiter. Zu den interessanten Entwicklungen der letzten Zeit gehört die Beobachtung, daß die, die früher Sponsoren hießen, heute oft keine mehr sein wollen.
Der „Sponsor“ hat einen anrüchigen Touch bekommen, so scheint es. In dieser Abwendung von einem Begriff steckt das Bild einer Förderung, die sich wenig mit Inhalten kultureller Projekte beschäftigt, die im wesentlichen danach fragt, wie oft, wie groß und wie präsent Name und Logo des Förderers in allen erdenklichen Formen der Öffentlichkeit kundgetan werden. Der Vergleich mit dem Neureichen bietet sich an, der alles nur Mögliche tut, um vom alteingesessenen Geldadel geachtet zu werden. Der schnöde und kapitalistische Unternehmer muß als Sponsor demonstrieren, daß er auch für die schönen Künste eine (Geld)-Ader hat. Hauptsache, alle wissen davon! So das Bild des Sponsors, der man heute nicht mehr sein will.
Die Alternative sind unternehmenseigene Kulturprogramme, die Einrichtung von Kommunikationsabteilungen in der Firma, Kulturstiftungen etcetera. Hier beschäftigen sich Hauptamtliche, häufig sogar Kulturfachleute, mit der Frage, was zu fördern sei, welche Inhalte mit der Unternehmens„kultur“ übereinstimmen beziehungsweise diese am besten vermitteln können. Dies erlaubt eine Form der Mitsprache, ohne daß der Verdacht aufkommen kann, der Fördernde wolle sich einmischen in die Auswahl von Programmen oder Künstlern.
Denn häufig genug ergreift hier der Sponsor selbst die Initiative, entwirft Projekte, für die er geeignete Partner sucht, regt an und redet mit. Dies um so überzeugender, je mehr er von der Sache versteht. Das klingt verdienstvoll. Schließlich läßt sich der Unternehmer die Kultur etwas kosten, und er wirft den schlechten Beigeschmack des Neureichen über Bord, indem er sich inhaltlich mit der Kultur, die er bezahlt, verbindet. Er tut dies, weil er sich von dieser Art der Förderung mehr verspricht als vom schnöden Sponsoring im genannten Sinn. Ihm dient diese Art der Förderung. Aber dient sie auch denen, die Kultur betreiben? Sie dient zumindest nicht gerade jenen, die sich in liebe-, aber mühevoller Kleinarbeit an der Basis tummeln, die nichts Spektakuläres, nichts Innovatives, aber dennoch ungeheuer Wertvolles und Notwendiges tun: pädagogische Aufbauarbeit zum Beispiel, die kontinuierlich und sorgfältig betrieben wird, die regelmäßige Arbeit mit Laienensembles oder musikalische Schulbildung. Sie alle profitieren nicht von den Sponsoren, oder wie sie sich nennen mögen.
Bleibt die Frage, ob eine Förderung dieser Art Aufgabe oder gar gesellschaftliche Verpflichtung eines privaten Unternehmens ist. Warum sponsern Sponsoren? Doch wohl, weil sie sich etwas für ihr Unternehmen versprechen. Wer aus reiner Liebe zur Kunst fördert, ist ein Mäzen, aber kein Sponsor. Der Unternehmer denkt zuerst an das langfristige Überleben seines Hauses und damit an den Gewinn. Zwar finden sich seine kulturellen Taten nicht sichtbar im Ergebnis der Jahresbilanz, dennoch verspricht er sich Imagegewinn, damit Kundenbindung und langfristig auch Kundenwerbung. Eine wie auch immer geartete Verpflichtung erlegt ihm die Gesellschaft, genauer: seine Kundschaft auf, die sonst vielleicht zu seinem Konkurrenten gehen würde.
Insofern tut der Unternehmer das, was die Gesellschaft von ihm will. Er fördert Dinge, die gesellschaftlich anerkannt sind, die in seiner Zielgruppe „in“ sind. Und wenn er Rock-Altstars am laufenden Meter finanziert oder sich eine sogenannte Philharmonie der Nationen regelrecht einverleibt, dann sitzen hier nach seiner Meinung breitgestreute Tendenzen, die er sich gewinnbringend zu Nutze macht. Desgleichen im übrigen, wenn er sich das Image des Innovativen zu eigen macht und deshalb eigene und neue Projekte bezahlt.
Die originäre Verpflichtung zur Förderung einer kontinuierlichen künstlerischen Arbeit und kultureller Bildung hat der Sponsor nicht. Sein Eigentum verpflichtet ihn – aber wozu? Doch nicht zur Unterstützung der städtischen Musikschule oder des Lehreretats seines Landes! Solche Verpflichtung liegt bei der öffentlichen Hand, und dort bleibt sie auch. Wem nicht gefällt, was Sponsoren fördern, der muß das Übel an der Wurzel packen. Er muß darauf einwirken, daß sich gesellschaftliche Trends ändern und daß nachhaltige und wichtige Kulturarbeit einen Stellenwert erhält, an dem der Sponsor nicht mehr vorbeikommt.
Am besten geht dies dort, wo sich kulturelles Bewußtsein erst zu entwickeln beginnt: bei der kulturellen Jugendbildung, im Schulmusikunterricht, in der Musikschule. Die öffentliche Hand hat solche Kulturarbeit zu fördern. Erstens, weil dies eine ihr vom Steuerzahler übertragene Aufgabe ist. Und zweitens, weil sie damit den künstlerischen Geschmack einer Gesellschaft von morgen und damit der künftigen Kundschaft des Unternehmers (und Sponsors) prägt.