Der US-amerikanische Saxofonist Lee Konitz ist mit der „German Jazz Trophy“ für sein Lebenswerk geehrt worden. Der 85-Jährige nahm die Auszeichnung im Rahmen eines Konzertes der Jazzopen in Stuttgart entgegen. „Neben Charlie Parker gilt Lee Konitz als der stilbildende Altsaxofonist des modernen Jazz. Zählt Ersterer zu den ‚Erfindern‘ des Bebop, dann ist Konitz sein Gegenstück als Innovator des Cool-Jazz“, schrieb die Jury.
Die „German Jazz Trophy“ wird seit 2001 jährlich von Musik+Wort, der Jazzzeitung und der Sparda-Bank verliehen. Zuletzt ging der undotierte Preis in Form einer Skulptur des verstorbenen Stuttgarter Künstlers Otto Herbert Hajek an den jamaikanischen Pianisten Monty Alexander. Weitere Preisträger waren Dave Holland, Jacques Loussier, Carla Bley, Paul Kuhn, Wolfgang Dauner und Hugo Strasser.
Andreas Kolb, Chefredakteur der Jazzzeitung, sagte in seiner Laudatio unter anderem:
Wenn man sich mit dem Schaffen von Lee Konitz beschäftigt – dann ist man mit über 140 Platten und CD-Aufnahmen allein als Bandleader konfrontiert, aber auch mit Dutzenden Formationen vom Duo bis zur Big Band. Eines aber scheint sich – abgesehen von seinen eigenen Kompositionen und seinem erzählerischem Stil - immer wieder zu gleichen: sein Repertoire.
Im Booklet des Albums „Another Shade of Blue“ fand ich einen Satz von Konitz, der diese Tatsache etwas näher erläutert: „I love to play the great show tunes from a long time ago because they are good tunes, and it is fun for me to find new versions of these familiar tunes.“
Das Album „Another Shade of Blue“ enthält Musik aus einem Guß. Als ich Konitz kürzlich fragte, wie lange diese Formation wohl zusammengespielt haben müsste, um solche Meisterschaft zu erlangen, sagt er zu meiner Überraschung: „It was only that Gig – es war nur dieses eine Konzert“. Das zeigt nicht nur die Meisterschaft der vier, sondern auch die Funktionsweise des Improvisierens über die „guten alten Melodien“.
Kann man ein Leben lang stets über die gleichen, überkommenen Stücke aus dem amerikanischen Songkosmos der 30er und 40er Jahre spielen? Ist das nicht „alter Wein in neuen Schläuchen“? Hier widerspricht der Meister energisch: „Ich und meine Mitmusiker sprechen von etwas Neuem: „Body and Soul“ and „All the things you are“ sind so zeitgenössisch, wie man sie spielt. Diese bekannten Tunes nehmen wir als Basis für freie Improvisation. Sie geben einem einfach ein bisschen mehr das Gefühl von Sicherheit, als wenn man von Null weg starten würde. Was wir natürlich manchmal auch tun.”
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Die Herausforderung sucht er bis heute: Während die meisten Musiker es vermeiden, ihre Instrumente zu wechseln, aus Angst den Kontakt zu verlieren, die sichere Basis, sucht Konitz das Neue, das Ungehörte. Er probiert neue Mundstücke, verschiedene Instrumente, Hersteller, Blättchen...und will immer wieder anders klingen.
Letztlich kam Konitz durch diese Unvoreingenommenheit und Neugier auch zu seinem Instrument, dem Altsaxophon, für das er heute steht wie kein Zweiter. Nachdem er zunächst Klarinette spielte, wechselte er zum Tenorsaxophon, das er eigentlich gerne spielte. Als er jedoch ein Jobangebot in einer Band erhielt, die einen Altisten suchte, erhielt, fackelte er nicht lange: Er probierte das neue Instrument, spielte es, mochte es und blieb dabei. Ganz unprätentiös, aber auch folgerichtig, kam Lee Konitz zu seinem Instrument, mit dem er Jazzgeschichte schreiben sollte: „One of the things that can happen in life, you change your mind, you change your instrument.” Das klingt lapidar, nüchtern - cool eben, und ist dennoch die Beschreibung eines Glücksfalls. […]