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Frankfurt SPD nominiert Kulturdezernent Nordhoff für zweite Amtszeit

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Gegen den Willen zahlreicher Frankfurter Künstler hat der zuständige SPD-Unterbezirk den Kulturdezernenten der Stadt, Hans-Bernhard Nordhoff (SPD), für eine zweite Amtszeit nominiert. Die Entscheidung sei einstimmig gefallen, sagte Frankfurts SPD-Geschäftsführer Gregor Amann am Mittwochabend.

Frankfurt/Main (ddp). Gegen eine zweite Amtszeit Nordhoffs hatten sich zuvor 112 prominente Künstler in einem Brief an die Stadt gewandt. Die Unterzeichner des Offenen Briefs, darunter Schriftstellerin Eva Demski und Schauspielerin Hannelore Elsner, sehen in der Nominierung Nordhoffs eine politische Absprache und bezeichneten den Kulturdezernenten als «Premierenschläfer».


Brandbrief gegen den Premierenschläfer - Tauziehen um Frankfurter Kulturdezernenten verdeutlicht Misere der Mainmetropole

Frankfurt/Main (ddp). Das Tauziehen um einen möglichen Umzug der Frankfurter Buchmesse vor einem Jahr ließ schon aufhorchen: Die weltgrößte Literaturschau nicht mehr in der Geburtsstadt des Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe? Doch die wochenlangen Verhandlungen um den Standort der renommierten Veranstaltung waren beileibe nicht das erste Alarmsignal in Sachen Kultur der Stadt Frankfurt am Main - und genauso wenig das letzte. Jüngstes Beispiel: Die anstehende Wiederwahl des städtischen Kulturdezernenten Hans-Bernhard Nordhoff (SPD), der am Mittwochabend vom zuständigen Unterbezirk seiner Partei offiziell für eine zweite Amtszeit nominiert werden sollte.

Seit Nordhoff vor wenigen Wochen bei seiner Bilanz des Frankfurter Kulturlebens stolz auf ein «Boomjahr 2003» verwies und damit seine Bereitschaft für eine zweite Amtszeit begründete, ist eine lange im Verborgenen geführte Debatte öffentlich ausgebrochen. Nordhoffs Gegner in der städtischen Kulturszene, die den Dezernenten schon mal als «Premierenschläfer» schelten, haben einen Brandbrief an die Stadt aufgesetzt. Darin fordern die gut 110 Unterzeichner, jemand anderen für den Posten vorzuschlagen. «Wir brauchen einen wachen, engagierten und präsenten Kulturdezernenten», verlangen die Unterzeichner, die Nordhoff eben diese Eigenschaften absprechen.

Zu den Trägern der außerparlamentarischen Opposition zählen so illustre Namen wie die Schauspielerin Hannelore Elsner oder die Autorin und Verlegerin Ulla Unseld-Berkewicz. Ob sie allerdings entscheidenden Einfluss auf die anstehende politische Entscheidung haben werden, darf bezweifelt werden. Denn bei der Wiederwahl des Frankfurter Kulturdezernenten geht es nicht allein um einen fähigen Förderer des noch immer reichhaltigen Kulturlebens der Stadt.

Die Wiederwahl Nordhoffs steht vielmehr im Zusammenhang mit dem komplizierten Machtgefüge im Frankfurter Römer, wo ein Viererbündnis aus CDU, SPD, FDP und Grünen vor allem versucht, den vom Land verordneten Sparkurs umzusetzen. Da die Verlängerung der Amtszeit von CDU-Kämmerer Horst Hemzal ebenfalls auf der Agenda steht, vermutet die interessierte Öffentlichkeit einen Deal zwischen den beiden großen Parteien nach dem Motto: Wählst Du meinen Nordhoff mit, verlängere ich Deinem Hemzal die Amtszeit.

Wo bleibt da die Frankfurter Kultur? In der zweiten Reihe, so scheint es. Kopfschütteln über die Frankfurter Kulturpolitik ist dabei nicht zum ersten Mal angesagt. Da waren die Querelen um den weltberühmten Ballett-Choreographen William Forsythe, der letztlich entnervt aufgab und eine Vertragsverlängerung über 2004 hinaus ablehnte - auch wenn nach monatelangem Tauziehen immerhin herauskam, dass er mit einer privaten Compagnie Frankfurt in abgespeckter Form erhalten bleiben wird. Gleichwohl bleibt als Tatsache, dass Forsythes städtische Truppe aufgelöst wird, und mit ihr auch gleich das überregional bedeutende Experimentaltheater TAT.

Forsythe war nicht der erste spektakuläre Abgang aus der Kulturszene der Mainmetropole. Mitte der 90er Jahre warf der ebenfalls hochgelobte Opernchef Sylvain Cambreling zwei Jahre vor Ablauf seines Vertrages das Handtuch. Schon zu diesem Zeitpunkt trauerte man der Ära nach, als der legendäre Kulturdezernent Hilmar Hoffmann (SPD) unter Oberbürgermeister Walter Wallmann (CDU) die Geschicke der Frankfurter Kulturpolitik leitete.

Susanne Rochholz