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Der Musikschulkongreß bot nicht nur Weiterbildung. Ein reiches Konzertprogramm sorgte für anspruchsvolle Unterhaltung und Auseinandersetzung mit Musik unterschiedlichster Provenienz. Da sich die Konzerte hin und wieder zeitlich überschnitten, kann die nachfolgende Rezension nur einen Ausschnitt der wichtigsten Ereignisse wiedergeben.
Beinahe die Hälfte aller bisherigen Jugend musiziert-Preisträger kommt aus Baden-Württemberg. Von der großen Anzahl ausgezeichneter Instrumentalisten profitiert seit Jahren das Landesjugendorchester Baden Württemberg, LJO. Auch wenn das Durchschnittsalter unter 18 liegt, kann das Ensemble mit professionellen Leistungen aufwarten. Musikalischer Höhepunkt des VdM-Kongresses war zweifellos der Aufritt dieses Orchesters unter seinem langjährigen Leiter Christoph Wyneken. Mit drei Sätzen aus Manuel de Fallas temperamentvoller Ballettsuite „El amor brujo“ (Der Liebeszauber) eröffnete das LJO einen erfreulichen Konzertabend im gerade renovierten Konzerthaus Karlsruhe. Eine ausgezeichnete Akustik ließ den homogenen und gleichzeitig transparenten Klang des Orchesters bestens zur Geltung kommen. Der Paukenwirbel zu Beginn der Suite de Fallas war gleichzeitig auch das „Stichwort“ für den Auftritt der Pantomimin Giselle. Als Zigeunerin Candellas tanzte die Solopantomimin aus dem Stuttgarter Makall-City-Theater mit roten Schleiern wie züngelnde Flammen aus dem Hintergrund bis vor das Orchester, um dort die leidenschaftliche Musik mit einer halb getanzten, halb pantomimisch dargestellten Geschichte zu illustrieren. Während bei ihrer Darbietung die Musik etwas in den Hintergrund gestellt war, rückte sie beim Violinkonzert d-Moll von Jean Sibelius wieder ganz in den Mittelpunkt. Solist des romantischen Konzertklassikers war der gerade 18 Jahre alte Oscar R. Bohórquez aus Karlsruhe. Bohórquez gelang der effektvolle Solopart sehr überzeugend. Man wünscht sich aber auch, den hochtalentierten Geiger mit diesem Programm in ein oder zwei Jahren noch einmal zu hören. Spätestens als nach der Pause die ersten Takte der 4. Sinfonie e-Moll von Johannes Brahms erklangen, wurde auch dem letzten Hörer klar, was für Könner da spielten. Wyneken ist es gelungen, ein Orchester, das praktisch keine Routine hat und durch eine hohe Fluktuationsrate immer wieder geschwächt wird, zu einem Spitzenensemble zu formen, das durch Begeisterung, Engagement und vor allem Können absolut überzeugt. Am Ende klatschte der Kongreß begeistert - zu recht. Auch sonst bot der Kongreß ein reichhaltiges Rahmenprogramm, das natürlich nicht immer auf dem Niveau des eben besprochenen LJO-Konzertes sein konnte. Da wäre die Eröffnungsveranstaltung im Brahmssaal des Kongreßzentrums, die von den Schülern des Karlsruher Konservatoriums gestaltet wurde. Sie boten eine Show dessen, was Musikschulen heute leisten können. Ein reines Saxophonorchester demonstrierte mit seinem Rock- und Boogie-Programm neue Wege in der Musikschularbeit. „Stand by me“ hieß der Titel eines Rocksongs, mit dem eine Gruppe aus behinderten und nichtbehinderten Jugendlichen auftrat. Schon eindeutig professionelle Ambitionen dagegen hatten die Sängerinnen der Klasse von Ursula Euteneuer-Rohrer aus Karlsruhe , die das Werk „... es kamen schwarze Vögel“ von Adriana Hölsky aufführten. Ungewöhnlichen Raumklang schufen die 30 Perkussionisten des Konservatoriums, kurz Kons genannt, die das Stück „Periphonie“ von Euteneuer-Rohrer aufführten. An acht Stellen im Raum verteilt erzeugten sie einen Rundumklang und demonstrierten mit Rascheln, Hämmern, Scheppern, Trommeln, aber auch mit dem Schönklang der Vibra- und Marimbaphone sowie dem Drive einer Samba-Schule so ziemlich alles, was Musiker mit Schlaginstrumenten anstellen können. Den geselligen Abend gestaltete der Landesverband der Musikschulen Baden-Württemberg. Am bunten, abwechslungsreichen Programm gefielen besonders gut die Aurelius-Sängerknaben aus Calw, das Gershwin Ensemble sowie die 50er-Jahre-Band „inflagranti“ und das Süddeutsche Salonorchester, SO. Sie brachten den Kongreß zum Tanzen.
Ein anderes musikalisches Glanzlicht auf dem Kongreß war die Aufführung des Musicals „Mtoto Boga“ durch Kinder aus Beckum und Bagamoyo, Tansania. Afrikanische Trommler, europäische Streicher, Tänzer, Sänger, Schauspieler und Pantomimen schufen zusammen ein temperamentvolles, vergnügliches und originelles Musiktheater für groß und klein. Die deutsch-afrikanische Truppe brachte zu guter Letzt noch Farbe und Emotion in die etwas nüchterne Atmosphäre des Brahmssaals. Eine ausführliche Rezension über die Uraufführung des Musicals am 4. Mai in Ahlen findet sich bereits in der nmz 6/97.
[nmz1997/nmz9707/dossier/vorlage.htm]