Brahms’ Intermezzo A-Dur op. 118, Nr. 2 ist eines jener Stücke, das mich, so oft ich es höre, anrührt. Dass es nicht nur der Klang, sondern der Kontext, die Gestimmtheit und zudem private, nostalgische Erinnerungen sind, die dieses Angefasstsein hervorrufen, ist mir klar. Neulich ist ein weiteres Stück dazugekommen und der geneigte Leser möge mir bitte verzeihen, wenn ich pointen- und absichtslos bleibe und schlicht darüber berichte.
Das Stück hat zwei Teile. Der erste Teil stammt von Arzu, einem Mädchen aus Afghanistan, das erst seit kurzem in Deutschland ist. Sie ist vielleicht neun oder zehn. Ich traf sie zufällig bei einem Schulprojekt, bei dem ich lediglich eingesprungen war und etwas assistieren durfte. Keine Heldentat also, nur ein schöner Job mit viel Spaß und lautem Getrommel. Arzu machte ein paar winzige, ganz sachte Geräusche mit einem Schneebesen, schaute mit großen Augen, hörte hin und lächelte bis über beide Ohren. Das war mindestens Brahms, vermutlich schöner.
Der zweite Teil des Stückes steht in düsterstem d-Moll und stammt von der Kellnerin des Gasthofes, in dem ich nur 15 Minuten später „Grünen Hering mit Bratkartoffeln“ bestellte. Die Rechnung schrieb sie mit einem Kugelschreiber auf dem das Logo einer Partei prangte, die Arzus Stück einfach nicht hören will. Das war, als implodiere der ganze Brahms. Ein Schlag und alles weg. – Arzu aber, das wünsche ich ihr, wird sich nicht unterkriegen lassen. Von den Kugelschreiber-Heinis nicht und auch von sonst nichts.