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Cluster 2012/07 - I

Untertitel
Lachen
Publikationsdatum
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Sie kennen das: Leute, die so bedeutungsschwanger durch die Welt wandeln, dass ihnen der um die Mundwinkel tief ins Fleisch eingegrabene „Passus duriusculus“ noch das kleinste Lächeln zur Qual werden lässt. K. ist da ganz anders, denn während seiner Verhaftung überlegt er noch, den Wärtern direkt ins Gesicht zu lachen – in der Hoffnung, sein Lachen könne ansteckend wirken, damit er doch noch freigelassen würde.

Eine beeindruckende Szene, die Kafka da schildert. K. lacht nicht nur, um sich selbst im Moment größter Bedrängnis abzulenken: Lachen ist ihm gleichermaßen ein Mittel zur Entwaffnung. 

Ich habe mir etwas Merkwürdiges überlegt: Wie wäre das, wenn bei der Überbringung einer schlechten Nachricht nicht der reitende Bote erschlagen wird, aber man aus vollem Herzen zu lachen beginnt? – Nur ein beliebig auf andere Situationen übertragbares Beispiel aus humorloser Gegenwart: Anstatt eine der immer zahlreicher werdenden Petitionen gegen Schließungen oder Fusionierungen von Orchestern zu unterklicken, treffen sich 23.741 Unterstützer und lachen sich schlapp ob der veritablen Knalltüten, die derlei vorhaben; würden sie mitlachen und gar erweichen?

Motzen, Lamentieren, Jammern, Empören – das kennt man schon. Lachen ist hingegen, wenn ich den großen Lach-Theoretiker Henri Bergson richtig verstehe, die Strafe für die Steifheit des Charakters und des Geistes. In der bildenden Kunst wird sogar angesichts des jüngsten Gerichtes zuweilen gelacht, dann sollte das eine Etage unterhalb der Apokalypse auch möglich sein. Ob „wortloses Lachen“, wie es bei Kafka heißt, ein Mittel gegen jedwede Unbill sein könnte? Einen Versuch ist es wert. Lachen ist das Florett im Kampf gegen Vollpfosten. Mein Vorschlag für das nächste Jahr: Wir zelebrieren nicht Wagners Geburtstag, sondern ziehen das Haydn-Jahr vor. Das nächste Haydn-Jahr käme erst 2032 – bis dahin ist mir das Lachen womöglich vergangen. Also: vor jedem Konzert, jeder Veranstaltung, Land auf, Land ab: Haydn. Dabei immer arrangiert für die windigsten Besetzungen, vom Sarrusophon-Septett bis zur 104-Kanal-Elektronik. Haydn wird, auf diese Utopie baue ich, noch die letzten Pappnasen Lachen machen. „Lachen“, sagt Nietzsche (und der muss es wissen), „das ist ungefähr, wenn nicht die klügste, so doch die weiseste Antwort.“

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