Hauptrubrik
Banner Full-Size

Eine neue Ära der Kooperationen zeichnet sich ab

Untertitel
Zukunftsinitiative Musik auf der Frankfurter Musikmesse &#183
Publikationsdatum
Body

Ein „Ruck“ geht durchs deutsche Musikleben. Nicht zuletzt zeigte sich dies bei der Generalversammlung des Deutschen Musikrates im Februar. Die Delegierten vertrauten die Geschicke des Dachverbandes einem Präsidium an, das sich von früheren Gremien erheblich unterscheidet. Waren in alten Zeiten die „Klassiker“ und Pädagogen mehr oder weniger unter sich, so halten mit Jens Michow und Udo Dahmen nun Musikwirtschaft und Popularmusik Einzug, mit Dieter Gorny und Oliver Schulten gar die dazumal „böse“, weil kommerzielle Musikschiene.

Gut und Böse gibt es nicht mehr, in Zeiten der Krise rücken Verbände und Musikfunktionäre zusammen, die sich sonst nur aus der Ferne betrachteten. Während in Bonn dem Musikrat noch die letzten Schritte zur Bewältigung seiner Insolvenz bevorstehen, formiert sich anlässlich der Musikmesse bereits eine Partnerschaft, die die neue Nähe und Kooperationsbereitschaft überzeugend präsentiert, die im Übrigen kein geschlossener Zirkel ist, sondern offen für weitere Partner und Mitstreiter.

Unter dem Motto „Zukunftsinitiative für die Musik in Deutschland“ signalisieren der Deutsche Musikverleger-Verband (DMV), die GEMA, die Bundesvereinigung Deutscher Musikverbände (BDMV) und die Bundesfachgruppe Musik in ver.di ihre Kooperation durch einen gemeinsamen Auftritt auf der Musikmesse, der verschiedene im Rahmen der Zusammenarbeit entstandene Projekte umfasst. Ursprünglich mitinitiiert von Ex-Musikrats-Generalsekretär Thomas Rietschel muss die Partnerschaft auf den Musikrat nun verzichten. Insolvenzverwalter Ludger Westrick wütete auch hier und gab die für den Messeauftritt bereits zur Verfügung stehenden Gelder nicht frei. Die restlichen Partner jedoch halten die Stellung und hoffen auf eine Einbeziehung des Musikrats im kommenden Jahr.

Zum ersten Mal also präsentieren sich die genannten Verbände mit einem gemeinsamen Stand, der nicht nur eine Plattform zum Auslegen von Informationsmaterial sein will, sondern auch Kontaktpunkt für Besucher wie Aussteller, ein „Treffpunkt Musik“ im Areal der Verlage in der Halle 3.1. Darüber hinaus konzipieren sie, gemeinsam mit der nmz, ein Diskussionsprogramm für die Messebühne, das illustre und kompetente Gäste zu musikpolitisch und -wirtschaftlich aktuellen Themen wie dem Urheberrecht oder der musikalischen Bildung zusammenbringt (das gesamte Bühnenprogramm finden Sie in diesem Dossier als Einlegeblatt nach dieser Seite). Dieter Gorny hat seine Teilnahme ebenso zugesagt wie Kulturausschussvorsitzende Monika Griefahn, Rolf Zuckowski wird Kostproben seiner Musik für Kinder präsentieren und auch Gäste, die die Verlagshalle der Musikmesse bisher links liegen ließen, „talken“ am Wochenende auf der Bühne. „Knorkator“ zum Beispiel unterhalten sich mit Lotto King Karl über die Frage, ob es in Zeiten des Mainstream noch Chancen für Verrücktes gibt.

Nicht von ungefähr lautet eines der Schwerpunkt-Themen der Messebühne „Musikvermittlung im 21. Jahrhundert“. Unter anderem die Aktualität dieses Themas könnte eine Erklärung sein für die plötzliche Sehnsucht nach Nähe und Kooperation, die die gesamte Musiklandschaft erfasst. Leiden doch alle Branchenteilnehmer am Rückgang der Musikrezeption im Lande, die Plattenindustrie ebenso wie Verleger, Musikpädagogen und letztlich auch die Laienmusiker. Um dem zu begegnen liegen konzertierte Aktionen nahe. Und auch die Musikmesse hat erkannt, dass sie sich neben ihrer Hauptfunktion als Order- und Verkaufsmesse inhaltlichen Fragen öffnen muss, um der rückläufigen Tendenz ein Schnäppchen zu schlagen. Doch Verkaufs- und Konsumentenrückgänge können nicht der einzige Grund, schon gar nicht der einzige Erfolgsfaktor für Kooperationen dieser Art sein. Ein neues Denken, das Feindbilder hinter sich lässt, streckt hier seine Fühler aus; es manifestiert sich in den handelnden Personen wie in diesem Falle Herwig Geyer von der GEMA, Heinz Stroh vom Verleger-Verband, Heinrich Bleicher-Nagelsmann von ver.di und Stefan Liebing vom Laienmusikerverband. Eine Generation der „Kooperativen“ zeichnet sich ab, von der man hoffen muss, dass sie sich durchsetzt. Startschuss der Zukunftsinitiative war eine Pressekonferenz in Frankfurt. Der eigentliche Start aber ist die Messe. Hier muss sich die Initiative bewähren.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!