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Foto: Martin Hufner
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Einmal mehr: IMPULS retten!

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Nachschlag 2021/05
Publikationsdatum
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Trotz langjähriger erfolgreicher Arbeit, trotz Förderung lokaler Talente bei gleichzeitiger Einbeziehung der lokalen Klangkörper, trotz einem lebhaften Austausch mit anderen Festivals und vielen internationalen Projekten scheint das IMPULS-Festival nach wie vor einen schweren Stand zu haben. Nun hat die Auseinandersetzung aber eine neue Qualität erreicht, denn es geht zwar wieder einmal um die grundsätzliche Finanzierung des Festivals – die Landesregierung Sachsen-Anhalt hat die Förderung für 2021 abgelehnt –, aber nun ist es auch so sehr zum persönlichen Feindbild der AfD geworden, dass der Forderung nach dessen endgültiger Abschaffung sogar in deren aktuellem Parteiprogramm gleich mehrere Zeilen gewidmet werden.

Wie die AfD „Kultur“ in ihrem Sinne unter Punkt 12 definiert, muss man tatsächlich gelesen haben, um es zu glauben. Zeilen wie die folgenden sollten vor allem diejenigen sehr genau lesen, die aus irgendeiner inneren Verblendung heraus vielleicht sogar hoffen, dass diese Partei es mit der Kultur gut meinen könnte oder sie zum Beispiel als Komponist*innen Neuer Musik davon profitieren könnten (solche Menschen scheint es tatsächlich zu geben). Dort heißt es unter der Überschrift „Patriotismus fördern – Kein Staatsgeld für antideutsche Kunst und Kultur!“ unter anderem: „Die Kunstfreiheit ist kein Anspruch, jeden Schund gefördert zu bekommen. Deshalb will die AfD mit Staats- und Steuergeld nur noch solche Kunst fördern, die ihrer eigenen deutschen Kultur grundsätzlich bejahend gegenübersteht. Wir sind, wie unsere Haushaltsanträge gezeigt haben, gewillt, auch massive Einschnitte zu vertreten. Wir wollen die Förderung des ‚ImpulsFestivals‘ für neue Musik komplett streichen und die Landesförderung für die Theater mindestens halbieren. Eine Agitation gegen das eigene Volk muss nicht durch den Staat, der aus diesem Volk besteht, finanziert werden. In dieser Hinsicht wie auch in weiteren Punkten der kulturpolitischen Ausrichtung ist uns die kulturpolitische Wende, die Ungarn unter Viktor Orban vollzieht, Vorbild und Inspiration.“

Dass die AFD einer solchen Unternehmung wie dem IMPULS-Festival kritisch gegenübersteht, ist quasi zu erwarten, aber die Argumente sind dann doch bemerkenswert in ihrer ganz eigenen Definition einer „entarteten“ Kunst. Man ist ja quasi müde geworden, über die Parallelen zur Vergangenheit zu sprechen, aber es schaudert einen schon, wenn man Sätze wie „Deshalb will die AfD mit Staats- und Steuergeld nur noch solche Kunst fördern, die ihrer eigenen deutschen Kultur grundsätzlich bejahend gegenübersteht“ (Kunst ist also generell dafür da, ausschließlich „eigene deutsche Kultur“ zu bejahen? Man darf dann Shakespeare nicht mehr spielen, oder was?) oder „Die Kunstfreiheit ist kein Anspruch, jeden Schund gefördert zu bekommen“ (auf was die Kunstfreiheit „Anspruch“ hat, bleibt in diesem erbärmlichen „deutschen“ Satz leider offen – oder soll es bedeuten, dass die Kunstfreiheit keinen Anspruch hat?). Am Schluss wird sogar ausgerechnet Orban als Vorbild genannt für einen Staat, der politische Gegner aus kulturellen Ämtern im großen Stil entfernt, um sie durch willfährige Marionetten zu ersetzen, denn genau das wünscht sich natürlich die AfD auch in Deutschland und würde es auch sofort und ohne Zögern umsetzen.

Dass hier eine kognitive Dissonanz höchsten Grades vorliegt, ist schon lange klar. Zuerst unter dem Deckmantel der „Meinungsfreiheit“ beklagen, dass leider dann doch nicht die Mehrheit der Deutschen so rechts wie die AfD ist und man als „Rechter“ angeblich nicht genügend zu Wort kommt, dann aber genau die Abschaffung der Meinungsvielfalt fordern, wenn man selbst an der Macht wäre. Da wird nämlich dann schnell alles, was einem nicht passt, als „Agitation gegen das eigene Volk“ deklariert und abgeschafft. Ganz schnell kann das gehen, wie man in Ungarn oder auch in der Türkei sehen kann. Die Kriterien für eine nationale Kunst bleiben dabei bewusst diffus, damit sie je nach Lust und Laune bei denen angewendet werden können, die einem nicht genehm sind.

Denn wer entscheidet dann, was „Schund“ und was „Kunst“ ist? Die AfD benutzt bewusst Formulierungen wie „nichtssagende Unterhaltung“ oder „Abseitiges“, die man rein nach Geschmack anwenden kann. Von der Perspektive der Kunstmusik aus ist das meiste, was im Schlagergenre produziert wird, relativ „nichtssagende Unterhaltung“, dennoch würde nie jemand die Abschaffung des Schlagers fordern, eben weil es vielen Menschen gefällt und es zur Meinungs- wie auch Kunstfreiheit gehört, lieber Helene als Julia Fischer zu hören. Nach dieser Formulierung müsste die AfD deutschen Schlager abschaffen, würde das aber natürlich nie tun. Und was ist „abseitig“? Etwas, das aus dem Rahmen fällt? Nach dieser Argumentation sind dann heimische Komponisten wie Stockhausen oder Lachenmann oder Henze auch ganz schnell als „abseitig“ deklarierbar – Stockhausen weil vom Sirius und spinnert, Lachenmann weil „Abseitiges“ auf Instrumenten verlangend, und Henze vielleicht einfach nur, weil er schwul war und das manch rechte Dumpfbacke eben auch „abseitig“ findet. Ach, warum bei diesen Namen aufhören, eigentlich ist die ganze „Neue Musik“-Szene sehr schnell als „abseitig“ deklarierbar und kann ganz schnell durch „volkstümliche“ Musikfestivals ersetzt werden, bei denen für die Älteren Um-ta-ta-Geschunkel oder für die Jüngeren rechter Oi!-Rock ge­spielt wird, bis man sich ins Koma gesoffen hat.

Es heißt also einmal mehr: Rettet das IMPULS-Festival. Es lohnt sich, gerade in Sachsen-Anhalt.

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