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Euro-Illusion

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Wir sind alle ein wenig traurig, dass es der letzte Euro Vision Song Contest war. Alles fing doch so schön an. Die Eröffnungsshow. Fliegende Weltkugeln bestückt mit beflügelten Griechen über und über voll von Patros. Verzeihung, Pathos. Die Mundwinkel hinter den Ohren eingehakt wurde auch dieses Jahr erfrischend affirmativ jedes Land in Grund und Boden moderiert.

Spätestens bei der stimmgewaltigen Einlage von Las Ketchup aus Spanien bebte die Halle. Gemäß der Pop-Produzenten-Weisheit aus den 90er-Jahren – egal ob Klassik oder Schlümpfe, unter alles passt ein Techno-Bass – präsentierte sich auch das zeitgemäß innovative Gesicht dieses europäischen Megaevents. Dank des neuen Punktevergabesystems ging dieser Abschnitt des Abends um fünf Minuten schneller vorbei als bisher. Der Sieger stand dennoch wie so oft nach ungefähr der Hälfte der Auszählungen fest: Lordi, eine Metalband aus Finnland mit fröhlichen traditionellen Masken und Schuhen – da werden Erinnerungen an die Mumins wach. Moment, hier flattert gerade eine Meldung in die Redaktion. Der Grand Prix findet nächstes Jahr doch statt. Ach so! Wir befinden uns im Fernsehland, wo eine Sendung selbst dann, wenn sie ihr Konzept zersprengt und zu einer Farce mutiert, nicht abgesetzt wird. Wo ein pseudo-europäisches Format, das längst in eine madig durchglobalisierte Schublade gepresst wurde, jede Selbstachtung verliert, in dem eine Gruppe bizarr geschminkter Alt-Metaller ihm einen Spiegel vorhält und trotzdem seine Sendeautorität als gesichert sieht. Bei allem Sarkasmus, man kann dem Spektakel auch Positives abgewinnen: Es scheint doch Ansätz eines europäischen Humors zu geben und was noch viel wichtiger ist, liebe Kulturkritiker: Die Identitätskrise der Deutschen relativiert sich jedes Jahr aufs neue. In Puncto schlechter Schlager- und Popmusik sind wir Europäer uns schon lange einig.

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