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Grütters Grütze

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Cluster 2014/10 - Martin Hufner
Publikationsdatum
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Die engagierte Musikwelt denkt immer zu kleingliedrig. Ein bisschen Initiative hier, eine kleine Förderung dort, es wird geprokelt und gepopelt. Wie man sich richtig nach vorne spielt, zeigt die Zusammenarbeit einer Fastfood-Kette mit der „Stiftung Lesen“. Kinder, deren Eltern sich dazu durchringen können, ihnen ein sogenanntes „Fröhliches Essen“ (Happy Meal) zukommen zu lassen, werden nun im Herbst mit entsprechender Literatur zum Nachtisch belohnt. Das kommt den Kindern zugute und den Verlagen, die ihre Bücher dafür hergeben. Erreichen will man die Erhöhung des Bildungsstandards und der Chancengleichheit auf dem späteren Arbeitsmarkt. Das wird mit Werbung im Fernsehen flankiert. Eine tolle Sache.

Und eine nachahmenswerte Angelegenheit: Die ganze Musikvermittlung war immer doch zu sehr musikorientiert, als sei das ein Wert an sich, oder umgekehrt, die Musik ist danach eine Sekundärtugend, die die Klugheit steigert (Musik macht klug und so und ist auch für die soziale Entwicklung extrem förderlich). Alles gut und schön, aber so ein bisschen Singen hier, ein bisschen Instrument dort, da klebt man auf der Stelle. Längst koppeln die musikindustriellen Produkte auch am Imagetool, wie Apples Smartphones an U2.

Dabei ist die Idee mit dem Essen sehr viel besser. Die Wirksamkeit dieser Idee ist ja längst bewiesen. In der Opernpause gibt’s ja auch Fass-Brause und Lachsersatz-Schnittchen. Aber umgekehrt dürfte es noch besser gehen und vor allem neue Hörer erreichen. Essen müssen schließlich alle. Und da dies immer weniger Leute sich selbst zubereiten, hat man die Chance, die Leute dort abzuholen, wo sie essen gehen. Am Schnellimbiss: Pommes mit Weihnachtslied, Pizza unterlegt mit einer Lachenmann-LP, Weißwürstl mit Händlmaier-Senf und „Top Of Donau­eschingen“, Wackelpudding, Grützwurst, Fischstäbchen und Orff: ideal. Da werden die Hörbahnen richtig konditioniert und man hätte fast die gesamten Bundesministerien als Betroffene auf seiner Seite. Grütters, koch das mal zusammen!

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