„Beenden Sie doch das alles endlich!“ Greifen Sie zum Jamie Oliver Küchenmesser. Denn man glaubt ja immer, der Herbst wäre die beste Zeit, sich die Pulsadern aufzuschlitzen. Die Jahreszeit der Jammerlappen. Nach dem grandios gescheiterten Sommer. Der Urlaubsflirt aufgeflogen, die Bikinifigur gen Traktorreifen, die Kinder kommen mit Nasen-Piercing aus dem Pfadfinderlager und „Omma“ war es doch nicht zu heiß. Kreditrückzahlung also weiterhin schwierig. Daher: Längsschnitt. Denn schlimmer geht’s nimmer. Da haben Sie sich aber geschnitten. Um beim Thema zu bleiben.
Ich persönlich kann solche Negativserien wie oben seit Jahren gut verarbeiten. Unbewaffnet. Suizidal wird es bei mir eher, wenn Schlagerstar G.G. Anderson „Jetzt“ beichtet, morphiumsüchtig gewesen zu sein. Unklar allerdings, ob diverser gesundheitlicher Rückschläge wegen oder seit Hören seines Gesamtwerkes im detoxikierten Zustand. Beschwert der sich tatsächlich, weil Morphium. Rücksichtlos. Hätte es 1985 schon Jamie Oliver Küchenmesser gegeben, ich schwöre, spätestens beim Refrain von „Sommernacht in Rom“ hätte ich für Klarheit gesorgt. Eine Jugend. Versaut. Jedes Recht hätte ich gehabt. Damals. In Omas Wohnzimmer.
Freitödlich wird es mir auch bei Carmen Nebel. Mobbt die doch das Deutsche Fernsehballett aus der nächsten Schunkelsendung. Grundlos. Diese Fernsehballetts waren immer meine Motivation, etwas Richtiges aus meinem Leben zu machen. Schon in den Achtzigern. Als Fremdschämen noch nicht vom Privatfernsehen erfunden worden war. Diese gekünstelten, blasierten, ausgeweideten Revue-Roboter. Tanzen zu allem. Mit jedem. Habe ich immer heimlich geguckt. Auch heute noch. Mediathek. Wenn unbeobachtet. Und mir immer die Fragen gestellt: Warum machen die das? Das gebüffelte, mit Tesa Powerstrips nach hinten fixierte Lächeln. Und wem gefällt das? Außer mir. Und dann gebrüllt: „Nicht mir mir, Leben!“ Ich werde anders. Und nun? Kein Fernsehballett. Mitten in meiner Herbstkrise. Danke, Carmen Nebel. Echt.
Gut, dass Jamie Oliver einen kompletten Messerblock anbietet. Denn Chris de Burgh verkündet sein Comeback. Da hilft nur, sich beidarmig zu verabschieden. Zwar nicht ganz aus freiem Willen, aber seinen Hits „Lady in Red“ und „High On Emotion“ würde das endlich einmal ästhetische Patina verleihen. Was hat dieser „Gute Laune“-Knabe an meinen Nerven gesägt. Meinen Willen gebrochen. Mit seinem klumpigen Pathos, seinem durchgesiebten Popmörtel. Wenn der zurückkommt, ist das ja ein Zeichen für viele andere, nicht aufzuhören: BAP, Udo Lindenberg, die Scorpions, die Amigos oder Modern Talking. Jamie Oliver wird ein sehr sehr reicher Mann werden. Vor allem, weil der nächste ESC bevorsteht. Und eine Jury mit Lena Meyer-Landrut, Tim Bendzko und Florian Silbereisen das nächste Dilemma geradezu provoziert. Wie, das überzeugt Sie nicht als Freitod-Argument? Dann nehmen Sie mal das: Barbara Schöneberger moderiert den Vorentscheid. Link zu Amazon gefällig?