Die organisierte Kultur hat einmal wieder zusammengefunden. Der Deutsche Kulturrat ist für die Verlängerung der Schutzfristen für Leistungen ausübender Künstler von 50 auf 95 Jahre. Denn lange Schutzfristen seien eine soziale Angelegenheit. Da ist was dran.
Je länger jemand etwas für Leistungen zugesprochen erhält, die er irgendwann einmal erbracht hat, desto länger hat er etwas davon. Karajan käme endlich in den Genuss, wieder für seine interpretatorischen Leistungen honoriert zu werden, was ihm allerdings herzlich wenig nutzt, da er höchstens noch in unseren Herzen lebt. Man müsste also schon ein Babystar sein, um die Schutzfrist auch wirklich auskosten zu können – vielleicht mal ein neuer Ansatz für die elemonetäre oder, Nomen sei Omen, prokreationistische Musikpädagogik gar. Die ihn verlegende Plattenfirma hingegen könnte wieder jede Hinterhofbrennerei, die sich über ihren Backkatalog hergemacht hat, plattmachen.
Das zu erbringende Opfer für die Firmen ist marginal, 20 Prozent der aus der Verlängerung der Schutzfristen resultierenden Einnahmen sollen in einen Fond einbezahlt werden, der dann irgendwem irgendwie zugute kommen soll, so genau kann oder will man das nicht sagen. Den Fond sollen die Verwertungsgesellschaften verteilen, da nur sie das könnten, wie der Deutsche Kulturrat meint.
Das zumindest ist die Idee. Und die ist Käse, denn sie blendet all jene ausübenden Künstler aus, die – aus welchen Gründen (guten und schlechten) auch immer – nicht in diesem System aus Produktion, Nutzung, Ver- und Entwertung ihren Platz suchen oder finden, weil sie beispielsweise keiner Verwertungsgesellschaft beigetreten sind. Selbst Schuld, könnte man sagen. Wer nicht mit dem Anspruch antritt, seinen Lebensunterhalt mit Kunst zu bestreiten, der nimmt sie auch nicht wirklich ernst. Ist nur schade, dass genau das auf über 90 Prozent der ausübenden Künstler zutrifft. Die Laien und Avantgardisten sind halt immer die Dummen.
Da sitzen sie alle wieder hübsch im Boot, die ganzen künstlerischen Verwertungskettenknüpfer. Zumindest bis kurz vor den Empfänger/Nutzer und hinter den Künstler/Urheber. Letztere sind für die Verwerter und Kulturvögte ohnedies nur nützlich-lästige Legitimationslemminge.