Leserbrief zur beabsichtigten Auflösung des Münchner Rundfunkorchesters
Die Tatsache dass unsere Zeit von einem Werteverfall größten Ausmaßes bedroht ist kann nicht hinwegdiskutiert werden. Irgendwann werden sich die Historiker zum Beispiel fragen, wie konnten denn die Menschen damals akzeptieren, dass anstelle hochwertiger Literatur immer mehr eitle Selbstbespiegelung, Polit-Schrifttum, Pornos und linkes Soziologen-Chinesisch überhand nahmen.
Sie werden ihre Fragen der Verwunderung ausdehnen auf zahlreiche andere Wertebereiche. So unter anderem auf die Architektur wo längst lieblose Betonbauten und Massensilos an die Stelle herrlicher Bauten früherer Zeiten getreten sind. Und vielleicht oder ganz sicher wird dann auch die Frage aufgeworfen werden wann, warum und wer hat in einem so kulturträchtigen Land wie unserem Bayern auch im musischen Bereich begonnen diesen zu beschneiden.
Die jetzt beabsichtigte Auflösung des Münchner Rundfunkorchesters beantwortet die Frage nach dem wann und dem wer aber gibt keine Antwort auf das „warum“
Zu oberflächlich erscheint mir hier der vordergründig ins Gespräch gebrachte Kostendruck insbesondere wenn man die Kosten dieses Orchesters von neun Millionen im Jahr in die Relation des BR-Gesamtetats von 900 Millionen im Jahr setzt.
Da gibt es zweifelsohne andere Bereiche in welchen der Intendant seinen Rotstift wirkungsvoller einsetzen könnte. Beispielhaft beim Einkauf von Sportübertragungsrechten zu astronomischen Summen.
Als treue Diener ihres obersten Dienstherrn des Ministerpräsidenten wissen aber Herr Thomas Gruber ebenso wie der CSU Oberpopulist Markus Söder, dass dies eine mehr als unpopulistische Maßnahme wäre.
Der BR muss sich aber ganz schnell daran erinnern, dass er einen ihm im Rahmen der ARD auferlegten Verfassungsauftrag auch und gerade im kulturellen Bereich zu erfüllen hat.
Deshalb: Das Münchner Rundfunkorchester darf nicht sterben!
Kein anderes Ensemble bringt sich auch nur vergleichsweise mit einer solchen Vielfalt von besonderen Konzertreihen in die musische Bildungsarbeit gerade von Kindern und Jugendlichen ein.
Darum wehret den Anfängen. Die Auflösung des Orchesters käme einem musikalischen Flächenbrand gleich, ist doch zu befürchten, dass dann dem Sparzwang als nächstes der Rundfunkchor der immerhin jährlich 80 gemeinsame Auftritte mit dem Münchner Rundfunkorchester absolviert geopfert wird.
Auch Bayern 4 Klassik könnte man auf den Prüfstand stellen. Nicht auszudenken wenn solche Schritte in unserem Land Schule machen würden.
Krasser Widerspruch zum Kulturauftrag
Ein Offener Brief an den Intendanten des Bayerischen Rundfunks
Als öffentlich rechtlicher Sender hat der Bayerische Rundfunk einen, immer wieder beschworenen, Kulturauftrag. Diesen nicht zu vernachlässigen, ist, insbesondere zu Zeiten gewachsener privater Konkurrenz, im Interesse des Landes, und seiner Bürger. Es geht um die Fortführung unserer Musiktradition, sowie die beispielhafte Förderung unserer lebendigen Musikkultur.
Ihre Entscheidung, das Münchner Rundfunkorchester aufzulösen, steht hierzu in krassem Widerspruch! Das äußerst vielseitige musikalische Angebot dieses Klangkörpers, und sein höchstes Niveau, stehen außer Frage. Gerade dieses Orchester hat auch für junge Menschen, und Familien, Angebote offeriert, die kreatives Denken, und phantasievolles Handeln fördern. Experten von internationalem Rang bescheinigen, dass dadurch entstehende Qualitäten für innovatives Handeln im Beruf unerlässlich sind.
Kultur darf in Deutschland nicht elitär werden! Es muss andere Wege ,als die Schließung des Münchner Rundfunkorchesters geben, um die unverhofft niedriger ausgefallene Rundfunkgebührenerhöhung abzufangen! Diese Einsparmöglichkeiten zu finden, und sie im Sinne des BR-Programms, und im Sinne der Mitarbeiterinnen, und Mitarbeiter, also auch im Sinne der Musikerinnen, und Musiker des Rundfunkorchesters, umzusetzen, ist Aufgabe der Intendanz.
Die Professoren der Hochschule für Musik und Theater München drängen Sie, Ihrer Verantwortung nachzukommen.
Dumpfe Einfalt statt kultureller Vielfalt
Ein weiterer Kommentar zum Thema Rundfunkorchester
Bis zu jenem Tag, da die Abwicklung des Münchner Rundfunkorchester beschlossen wurde, war ich der Ansicht, in einem Bundesland zu leben, wo Kultur großgeschrieben wird. Mit Entsetzen musste ich jedoch zur Kenntnis nehmen, dass dem leider immer weniger so sein wird, solange Menschen wie die Herren Stoiber und Söder, denen der essentielle Langzeitwert von Bildung für unsere Gesellschaft ganz offensichtlich nichts bedeutet, unbehelligt kulturelle Infrastruktur demontieren dürfen, wenn dies ihrer politischen Karriere förderlich erscheint.
Dass nun ausgerechnet das Münchner Rundfunkorchester, das mit seiner programmatischen Vielfalt eine Fülle von Publikumsschichten – nicht nur im bayerischen Sendegebiet – erreicht und dem Bildungsauftrag einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt in vorbildlichster Weise Rechnung trägt, zum Spielball der Politik werden soll, erfüllt mich mit Fassungslosigkeit und Trauer. Trauer nicht nur wegen der von Kündigung bedrohten 71 hochqualifizierten Musiker dieses herausragenden Ensembles, sondern vor allem wegen all denjenigen, die ihren Horizont in dessen breitgefächerten Angebotsspektrum bis jetzt erweitern durften. Trauer wegen der Schulklassen, die künftig auf mitreißende Schulbesuche der Mitglieder des Orchesters verzichten müssen – all das, damit die Rundfunkgebühren wählerfreundlich niedrig bleiben. Ist das der „verantwortungsbewusste Umgang mit dem Geld der Gebührenzahler“, von dem Markus Söder sprach?
Kulturpolitische und ökonomische Überlegungen sollten generell, und insbesondere in einem reichen Bundesland mit Vorbildfunktion getrennt voneinander geführt werden. Das fällt im Falle des Münchner Rundfunkorchesters auch gar nicht schwer, da dieses gerade einmal ein Prozent des Gesamtetats des BR benötigt.
Ich appelliere an alle Entscheidungsträger in dieser Sache, vor einer unumkehrbaren Entscheidung gewissenhaft und verantwortungsbewusst zu reflektieren, denn von nichts kommt nichts, und wo kulturelle Vielfalt war, bleibt dumpfe Einfalt.
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