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Linke Hände

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Cluster (2013/5 - 1)
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Kürzlich, nach einem Konzert mit neuer Musik, fühlte ich mich ganz rechtwinklig. Schuld daran waren weniger die Kompositionen, als vielmehr der Dirigent: Keine Atomuhr hätte präziser sein können! Bewunderungswürdig, wie der Maestro zunächst thielemannesk die Einsen in leichter Rückenlage von unten ins Ensemble hieb, dabei den Weltenlauf beinahe anhaltend, um nach metallisch federndem Absprung auch die zweite Zählzeit zu erwürgen, die im vorgeschriebenen Vierertakt ohnehin zu schwächeln beliebte. (Da das durchschnittliche Grundtempo neuer Musik-Konzerte bei BPM 56-72 liegt, konnte ich problemlos herrlichste Bewegungsstudien durchführen.)

Ja, ich weiß, geschätzte Kenner und Liebhaber avantgardistischer Musike: Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts hat sich das Berufsbild des Dirigenten nach und nach vom autokratischen Pultlöwen zum kühlen Organisator komplexer Strukturen gewandelt, hat – um den alten Hut einmal aufzusetzen – die Exekution womöglich über die Interpretation obsiegt. Gut. Aber das heißt doch bitte nicht, dass Dirigenten die wehrlosen Zählzeiten so malträtieren müssen, wie Uma Thurman es einst beim Kung-Fu Training in „Kill Bill“ mit einem Holzbrett tat.

Oh, ihr linken Hände, sagt euch endlich los vom Joch des Loop-Zählens und der barbarischen Knechtschaft des eckigen Cue-Gebens und werdet wieder frei, geschmeidig gar! Alternativ schlage ich vor, dass Notwendiges in den Proben geregelt wird und man Konzerte fürderhin einem Clicktrack überlässt. Dann habe ich auch eine bessere Aussicht.

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