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Nachschlag 2012/03

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Kuren ohne Musik?
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Nachschlag, Niederschlag, Vorschlag: In der Dezember-Ausgabe der „neuen musikzeitung“ feierten wir noch den 70. Geburtstag Klaus Lauers (Seite 39) und rühmten dessen „wunderbares Kammermusikfestspiel“ in Bad Reichenhall. „Aus den Gebäuden der Erinnerung in die Zukunft“ lautete die Überschrift der Hommage. Schneller als man überhaupt erwarten konnte, mutierte die „Zukunft“ zum Menetekel: Die Reichenhaller Kammermusiktage finden in diesem Jahr zum letzten Mal statt.

Als Klaus Lauer seine Planungen für 2013 beginnen wollte, beschied man ihm, dass Schluss sei mit der „Kammermusik“. In der Stadt, dem vornehmen Bad Reichenhall, das sich so gern einen elegant-luxuriösen Anstrich zu geben versucht, vermisste man den Zustrom eines möglichst zahlungskräftigen Publikums à la Salzburg, wohl um den heimischen Hoteliers, Gastronomen und Juweliers auf die Beine zu helfen. Klaus Lauer musste erfahren, dass hoher Kunstanspruch, höchste interpretatorische Qualität und intelligente Programmgestaltung offensichtlich den geistigen Horizont eines kleinen Kurstädtchens, vor allem von dessen politischer Repräsentanz, übersteigen: Sieger durch Niederschlag in der fünften Festspielrunde: die Stadtregierung Bad Reichenhall. Verlierer ist weniger Klaus Lauer selbst – er hat in seinen Badenweiler Jahren (Jahrzehnten!) mit seinen Römerbad-Musiktagen hinreichend bewiesen, wie wichtig u n d erfolgreich gerade ein kleines, konzentriertes Festival für die Musik sein kann. Auch und besonders für die Neue Musik und deren Zukunft.

Nach dem Ende der Badenweiler Musikfeste, erzwungen durch den Verkauf seines Römerbad-Hotels aus wirtschaftlichen Gründen, hofften Klaus Lauer und mit ihm viele Musikfreunde auf eine „Wiederauferstehung“ in Bad Reichenhall, das mit seiner gepflegten Ambience, großen Hotels und dem wunderbaren Saal im „Alten königlichen Kurhaus“ ideale Voraussetzungen bot. Aus und vorbei? Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Noch einmal können Reichenhalls Musikfreunde, wenn es sie denn gibt, im nächsten Herbst erfahren, was für Schätze Klaus Lauers „Alpenklassik“ in die Kurstadt bringt (das Programm ist soeben erschienen). Dass der Komponist und Lauer-Freund Wolfgang Rihm anlässlich dessen 60. Geburtstages dabei einen eigenen Raum einnimmt, versteht sich von allein. Wolfgang Rihm wird höchst persönlich in Bad Reichenhall anwesend sein.

Vielleicht kann es der wortmächtige Komponist Wolfgang Rihm schaffen, die Stadtverantwortlichen davon zu überzeugen, wie wichtig auch die kleinste „Zelle“ der Musik für die Menschen ist, die Musik lieben und benötigen. Vorschlag: die „Alpenklassik“-Musiktage sollten auf dem erreichten hohen Niveau weitergeführt werden. Gut’ Ding will Weile haben, sagt der Volksmund. Mit Popularisierung und Nivellierung ist nichts für die Musik gewonnen. Und auch nicht für den Ruf einer altehrwürdigen Kurstadt.

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