Berlins Philharmoniker mögen nicht mehr: zur Osterzeit in Salzburg bei den Osterfestspielen aufspielen. Seit Karajan, dem Festival-Gründer, betrachtete das Orchester seinen Auftritt an der Salzach als höchst eigene Herzensangelegenheit, konnte man hier doch endlich einmal richtig „Große Oper“ zelebrieren. Warum jetzt die plötzliche Aufkündigung der scheinbar ewigen Liebesbeziehung? War der Lockruf aus Baden-Badens Festspielhaus zu verführerisch? Fließt an der Oos der Geldstrom stärker? In Salzburg jedenfalls schlug die Berlin-Philharmonische Entscheidung wie eine Bombe ein. Verwirrung, Empörung, Ratlosigkeit überall. Was nun?
Man sollte an der neuen Situation auch das Positive sehen: die Chance für eine erneuerte Programmierung, eine lebendigere Dramaturgie. Zweifellos haben die zurückliegenden finanziellen Manipulationen bei den Osterfestspielen die Entscheidung der Berliner mitbeeinflusst. Unübersehbar ist aber auch eine gewisse künstlerische Ermüdung vonseiten des Orchesters. Den sich vier Jahre hinziehenden „Ring des Nibelungen“, in Koproduktion mit dem Festival von Aix-en-Provence, konnte man kaum einen künstlerischen Erfolg nennen. Auch die „Salome“ in diesem Jahr hinterließ keinen zwingenden Eindruck. Ein anderes Problem rührt aus der Vergangenheit her: Das frühe Festival bezog seine Anziehungskraft, seine Aura aus der charismatischen Persönlichkeit seines Gründers Herbert von Karajan. Ihm lagen spendable Mäzene und zahlkräftiges Publikum gleichsam zu Füßen. Später übertrugen sie ihre Zuneigung, ja, ihre Liebe auf das Orchester insgesamt. Werden nach den „Berlinern“ jetzt auch die „Liebhaber“ Salzburg den Rücken kehren? Die Gefahr besteht durchaus. Am sichersten erscheint noch die Lösung, das Osterfestival zu einem gewichtigen Vorspiel der sommerlichen Salzburger Festspiele zu erheben. Dabei könnten sich interessante künstlerische Perspektiven eröffnen. Orchester, die auf Berliner Niveau agieren, gibt es genug.