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Nahaufnahme eines kleinen Schildes auf einer Wiese, um einen Parkplatz zu benennen. Aufschrift: App. 9.

Vorläufiger Rückzug ins Private.

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Reihe 9 (#42) – @home

Vorspann / Teaser

Man sagt, Not mache erfinderisch. So entstand in den letzten Wochen ein Wettbewerb der Ideen, wie auf digitalem Wege das Publikum kontaktlos erreicht werden – mehr noch: wie man die Aufmerksamkeit an sich binden könnte. Glücklich all jene, die über Jahre hinweg eine große Community aufgebaut haben. Sie ernten nun die Früchte ihres Marketings und der fortwährenden Präsenz in den (sozialen) Medien. Narzisstische Exaltiertheit in der Kommunikation und Gestik gehören auch dazu.

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Rasch sind dann bei den von einem Smartphone live übertragenen Hauskonzerten mehrere Tausend Follower dabei, wenn mit tief gebeugtem Rücken die Finger durch eine Beethoven-Sonate rauschen. Hier besteht die Kunst aber nicht nur darin, ein Werk zu interpretieren, sondern auch kleine akustische Hürden aufzubauen, um den Gratis-Content vor Fremdverwertung zu schützen.

Sind solche Hauskonzerte für einzelne Musikerinnen und Musiker noch gut umzusetzen, so haben es Bühnen, Orchester und Ensembles deutlich schwerer. Live wird für sie auch in den kommenden Wochen nur wenig realisierbar sein. Und so haben im April und Mai einige Häuser ihre Archive geöffnet, Produktionen online gestellt oder wenigstens für einzelne Tage verfügbar gemacht. Hier sind klar die im Vorteil, die mit den Protagonisten eine solche Übertragungsform auch vertraglich vereinbart hatten. Wo aber derzeit große Klangkörper zur Generalpause verdammt sind, mag ich schon lange keine Grußbotschaften mehr sehen oder den Versuch, virtuell etwas vielstimmig zu musizieren. Weitaus origineller mutet mich das Format „Weiter hören“ der Dresdner Philharmonie an: Die Programme der ausgefallenen Konzerte lassen sich dank kommentierten Internet-Links auf interessante historische oder außergewöhnliche Produktionen daheim zu selbst gewählter Stunde durchhören (begleitet vom jeweils eigenen Programmheft als pdf-File). Kein Ersatz, aber eine Schule des Hörens.

Für viele Musiker sind allerdings Hauskonzerte schlichtweg unmöglich. Den einen fehlt es am technischen Equipment, anderen an angemessenen Räumlichkeiten. Und für viele Instrumente hat sich das solistische Repertoire auch rasch erschöpft. Außerdem muss die Frage gestellt werden, in welchem Verhältnis Aufwand und Wirkung stehen. Denn inzwischen sind ohnehin – unübersichtlich genug! – viel zu viele Stunden online verfügbar. Was aber bleibt davon, wenn wir bald wieder Musik auch körperlich auf uns wirken lassen können?

Ihr

Michael Kube

REIHE 9

Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

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Reihe 9 (#43) – 1:1

Vorspann / Teaser

Vorsichtig sind die Versuche, nach dem Lockdown wieder erste Schritte in die musikalische Normalität zu wagen. Die Abstandsregeln manchen es allen denkbar schwer: Bevor überhaupt ein allererster Ton erklingt, müssen...

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