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Orange-rot bespanntes, schlichtes Theatermobiliar. Decke und Wände wirken wie ältere Mehrzweckhalle.

Reihe 9 in der Stadthalle Eckernförde.

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Reihe 9 (#63) – Provinzlärm

Vorspann / Teaser

Ob Mitte Februar die Welt noch „in Ordnung“ war, weiß ich nicht. Sie war nicht ohne Sorgen, sie war aber auf jeden Fall für viele viel friedlicher (siehe dazu den Nachtrag).

Beschaulich geht es ausserhalb der Sommersaison in der Kleinstadt Eckernförde zu, wo derzeit Hafen und Strand noch im Winterschlaf verweilen. Wer genau hinsah, konnte indes in den letzten Wochen nach langer Pause das bürgerlich getragene Musikleben in ungewöhnlicher Aufbruchstimmung erleben. Zunächst in der Stadthalle bei einem Nachhol-Abend der „Konzertreihe Eckernförde“:

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Keine Ängstlichkeit, sondern bestens ausgelastete Reihen waren hier bei einem skandinavischen Programm mit Ragnhild Hemsing und den Trondheim Soloists zu sehen, das kaum enden wollte – so begeistert erbat sich das von den frischen und verträumten Klängen verzauberte Auditorium Zugabe um Zugabe. Freilich: Kleine Städte sind seit jeher für Musiker und Ensembles ein dankbares Pflaster gewesen, hier aber war die erfüllte Sehnsucht nach live gespielter Musik fast mit Händen zu greifen.

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Altarraum von St. Nicolai: Kronleuchter, geklinkerte Säulen und weiß verputzte Wände. Orchesteraufbau vor dem Altar.

„ProvinzLärm“ in St. Nicolai, Eckernförde

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Eine ähnliche Erfahrung war nur wenige Tage später bei einem Konzert des alle zwei Jahre stattfindenden Festivals „ProvinzLärm“ zu machen, das seine Spielstätte in der hell und klar erleuchteten und vom alten Gestühl befreiten St. Nicolaikirche hat. ProvinzLärm bringt konsequent Musik der letzten Jahrzehnte zur Aufführung, in seiner nunmehr achten Ausgabe mit einem Fokus auf Estland und auf Kompositionen seines (Mit-)Initiators Gerald Eckert. Mit besonderer Neugier hatte ich die Aufführung von Nicolaus A. Hubers einstigem Skandalwerk Harakiri (1971) erwartet, die provozierend skandierten sieben Parolen wie „Kampf den intellektuellen Schiebern“, „Kampf den Ausbeutern menschlicher Rückständigkeit“, „Kampf dem Empirismus“, „Enteignet die Musikbesitzer“, die zum Stück gehören. Ahnend, auf Widerstand zu stossen, hatte Huber einst schon in die Partitur notiert: „Dies geschieht am besten live während der Aufführung. Lehnen die Musiker dies ab, ist der ganze Vorgang über Band einzuspielen.“ Ein Eklat blieb in Eckernförde indes aus. Das Werk wurde postmodern entschärft dargeboten, geglättet – entstellt. Kein Skandieren, keine Zuspielung vom Tonband. Man wollte die für die Komposition essenziellen Parolen wohl einfach in den 1970er-Jahren belassen. Auch wenn der Schlussmonolog unter ganz anderen Vorzeichen brennend aktuell wirkte („Unter dem Schutz von Struktur sollte man mit Crescendi, die nur sie selbst sind, keinen Staat mehr machen“), handelte es sich bei der Aufführung in dieser Form, zumal ohne einen Hinweis, eine Erklärung oder einen Kommentar, um eine Manipulation des Auditoriums. Während aber anderswo die tägliche Zensur regiert, sollten wir uns vor einem provokanten Werk nicht fürchten. – War da Angst vor zu viel Lärm in der Provinz im Spiel?

Ihr

Michael Kube

Nachtrag

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Ein Orchesterkonzert mit Blau-Gelb angestrahlten Wänden, des Elbphilharmonieorchesters in der Kieler Ostseehalle.

„Stand with Ukraine“. NDR-Elbphilharmonie in der Kieler Ostseehalle

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Nur wenige Tage später begann Europa ein anderes zu werden. Umso wichtiger ist es, dass auch kulturell Zeichen gesetzt werden. Sie mögen nach aussen einen bloss symbolhaften Charakter haben, nach innen aber schliessen sich die Reihen zu Mitgefühl und Solidarität. Auch die NDR-Elbphilharmonie gab dazu bei ihrem Konzert in der Kieler Ostseehalle am 5. März mit dem Spielen der ukrainischen Nationalhymne ein klares Bekenntnis ab.

REIHE 9

Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

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