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Ein weiß gedeckter Tisch im Hintergrund, das Foto zeigt hauptsächlich die Nahaufnahme einer Platznummer: Ein metallener Aufsteller mit einem hängenden Schild mit einer großen "9".

Gut platziert: Tisch 9 im Kongresszentrum Davos.

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Reihe 9 (#81) – Festival Feeling

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Festivals gibt es seit vielen Jahren wie Sand am Meer. Manche sind groß, andere klein. Die einen gehen in den Kuhstall, die anderen aufs Schloss. Wenige ziehen sich über Wochen, viele lassen sich gut überschauen. In der Regel geht es um namhafte Solist:innen, Interpret:innen und Ensembles – die vielfach aber eben doch nur das Immergleiche zu Gehör bringen. In Davos ist das anders – und das „anders“ ist dort Programm.

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37 Jahre ist es her, da wurden zu Beginn eines Kammerkonzerts für eine Handvoll musikverrückter Schüler noch ein paar Klappstühle herausgeholt und aufgestellt (da ausverkauft war, mussten zudem keine Karten mehr erworben werden). Heute scheint das kaum mehr vorstellbar, wo doch alles situierter geworden ist: die Locations, die Leute, der Look. Und dann wäre da ja noch die allmächtige Brandschutzverordnung, die keine Ausnahmen (mehr) zulässt. Ohnehin: Wer überhaupt käme noch auf solche glücklich machenden Lösungsmöglichkeiten?

Heute findet man die „jungen Wilden“ eher auf der Bühne. Wer genau hinschaut, sieht aktuell im Bereich Streichquartett und Klaviertrio einen mit vielen Hoffnungen verbundenen allmählich fortschreitenden Generationswechsel, am Klavier hingegen werden in immer schnellerer Folge neue, meist leider auch ephemere Tastengenies präsentiert. Für alle scheinen die „Regeln“ dabei gleich unerbittlich: Offenbar hat man sich zunächst durch den gesamten Klassik-Kanon durchzuspielen, bis am Ende vielleicht ein kleines Stückchen Freiheit winkt – wenn bis dahin nicht alle guten Vorsätze über Bord gingen oder den eigenen Ideen der Wind aus den Segeln genommen wurde. Dass es auch anders gehen kann, dafür steht seit vielen Jahren das Davos Festival: eine eigenwillige Kombination aus Talentschuppen, Werkstatt und Experimentallabor. Gewagt war in der diesjährigen Sommerausgabe zudem das Motto: „allein“. War es eine späte Reflexion auf die jüngst vergangene, endlich überwundene Zeit der Isolation – oder doch eher eine Reverenz an all die Musiker:innen, die sich beim Üben, Proben und bei jedem Auftritt, selbst in Ensembles und Orchestern, genau so fühlen? Man wird zwar im Team emotional mitgezogen, doch am Ende muss man allein mit seinen Gefühlen zurande kommen. Oft ist nach dem Konzert bereits nach nur wenigen Sekunden der Backstage-Bereich wie leergefegt. Wer etwas länger bleibt, scheint verloren und verlassen.

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Nun wurde von den Bergen aber nicht Trübsal geblasen – im Gegenteil. Wieder überraschte das von Marco Amherd zusammengestellte Programm mit unerhörtem Altem und Neuem, mit überraschenden Gegenüberstellungen und spannenden Kombinationen – kurzum und Hand aufs Herz – mit all jenen schönen und fantastischen Dingen, die man von einem jungen und jung gebliebenen sommerlichen Festival erwartet und doch andernorts nur selten bekommt. Wo etwa werden heute noch verschiedene Gattungen und Besetzungen in einem Konzert bunt durchgemischt – beispielweise ein Streichtrio von Bohuslav Martinů, die Klaviersonate „1905“ von Leoš Janáček, eines der radikalen Sonnen-Quartette von Joseph Haydn und schließlich noch vier Notturnos für gemischtes Vokalensemble (und Klavier) von Heinrich von Herzogenberg? Man kann sich kaum einen besseren Ort dafür vorstellen als den großen Salon auf der literarisch legendären Schatzalp, grandioses Naturpanorama inklusive. Oder die „Nachtschatten“ im Kongresszentrum mit dem Streichtrio von Bernd Alois Zimmermann, einer von aus dem „off“ gesungenen Chorälen gerahmten Bach’schen Klavier-Toccata und der Kammersinfonie op. 110a von Dmitri Schostakowitsch – gespielt von der aus Akademisten bestehenden Davos Festival Camerata.

So sehr die erhabene und sich dramatisch gebende Bergwelt mitunter den Blick begrenzt: Hier wurde musikalisch ins Offene gedacht.

Reihe 9

Immer am 9. des Monats setzt sich Michael Kube für uns in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, manchmal aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb. Die Folgen #1 bis #72 erschienen von 2017 bis 2022 in der Schweizer Musikzeitung (online). Für die nmz schreibt Michael Kube regelmäßig seit 2009.

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Reihe 9 (#80) – 17°

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