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Sven Ferchow. Selfie

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Rent a Fascho

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Ferchows Fenstersturz 2024/07
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So. Hat lange gedauert, bis man sich endlich mit der „musikalischen Zensur“ in Deutschland beschäftigt. Nach rechtsradikalen Gesängen auf Sylt und in tiefsten Schützenfest-Provinzen („Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“), hat man sich entschlossen, die Vorlage des widerlichen Gegröles (nämlich die zusammengeschrubbte Synthie-Blech Schmonzette „L’Amour toujours“ von Gigi D’Agostino) auf dem nahenden Oktoberfest zu verbieten. Kann ein Anfang sein. Aber mal ehrlich. 

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Braucht es erst ein paar vom Wohlstand verwahrloste „rich kids“ im Pullunder, um durchzugreifen? Und geht das weit genug? Ein Song darf nicht alles sein. Und statt die Sylter Aperol-Flöten zu denunzieren, wäre es besser, Synergien zu nutzen. Könnte man die Sylter Pony-Truppe nicht eventuell und quasi als Strafmaß vermieten und als Drohung bei anderen verbotswürdigen Musikveranstaltungen einsetzen? Gerne mit anderen Parolen als den bekannten. Spontan fällt mir da der ZDF-Fernsehgarten ein. Die musikalische Geisterbahn Deutschlands. Wie schön wäre da das Sylter Luftpumpen-Geschwader, das die anrollenden Altenheime gleich am Busparkplatz niederbrüllt: „Gruftis sind scheiße, Schlager sind’s auch!“ Damit Sie gegebenenfalls mitschreien können, habe ich das mal rhythmisch notiert: „Da-Da-Da-Da-Da, Da-Da-Da-Da!“ Dauert genau zwölf Stunden bis das ZDF einknickt und den Fernsehgarten trockenlegt. Und dann sind da noch diese scheußlichen Bierzelt-Party-Coverbands (Stichwort: „Mausi & die Partygang“), deren Verbot unumgänglich ist. Mama hat auf der Bontempi-Orgel gelernt, Papa kann Bass und los geht’s mit der Hymne des Bürgertums: „Und I fliag, fliag, fliag wie ein Flieger…Bin so stark, stark, stark wie ein Tiger…Heut is so ein schöner Tag…la-la-la-la-la.“ Auch hier könnte man sich die Sylter Klappspaten mit Schlachtrufen wie „Schampus statt Maßkrug, Mittelstand raus!“ vor Bierzelten vorstellen. Wäre auch im Sinne der verarm-ten Festwirte. Beim Schampus bleibt mehr hängen und das stumpfe Pullunder-Publikum lässt sich aus der Konserve beschallen. Wenn es nicht gerade Gigi D’ Agostino ist. Nächstes Problem erledigt. 

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Bliebe noch ein letztes Einsatzgebiet der Sylter U-Boot-Anschieber, hier möchte ich sogar von einem gesamtdeutschen Anliegen (ist ja eher unüblich) sprechen: Die Ausmerzung sämtlicher Songs von Lena Meyer-Landrut und Mark Forster. Wie wäre es mit „Ihr nervt ganz Deutschland, Auftrittsverbot“. 

Gut, etwas spröde, aber mit ein bisschen Empörungspotential wirkt das schon. Doch zurück zum Anfang. Wie muss man sich eigentlich die Kontrolle der Einhaltung des Liedverbots (Amtsdeutsch) auf dem Oktoberfest vorstellen? Schwadronieren da schwarz gekleidete Ordnungsamt-Kohorten im Stechschritt und mit Armbinde durch die Zelte und sorgen für Ordnung? Wird bei Zuwiderhandlung gleich exekutiert? Oder gibt es erst Zeltausschlüsse beziehungsweise Berufs-, Konzert- oder Singverbote? Eines steht natürlich fest: Wenn wir was könnten in Deutschland, dann wohl das. 

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