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Sex, Drugs and ...

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Auch die neue musikzeitung kommt nicht umhin, sich in den Medienrummel einzureihen, der jüngst über das Bundesjugendorchester hereingebrochen ist. Und dieser ist erstaunlich: Wann hätte schon mal die Bild-Zeitung über die verdienstvolle Arbeit des BJO berichtet? Wie oft beschäftigen sich die Stuttgarter Nachrichten mit diesem oder anderen Jugendensembles? Und wann haben die Bezieher der Lippischen Landeszeitung jemals in ihrem Blatt über Deutschlands jüngstes Spitzenorchester gelesen? Nun haben sie – und wissen schon nach Lektüre des Eingangssatzes: „Professor Franz Müller-Heuser ist sauer“. Dass eben derselbe bereits viele Jahre lang glücklich über pädagogische und musikalische Erfolge des Musikrats-Aushängeschildes ist und diese Freude oft und gerne der Öffentlichkeit (auch den Medien) mitgeteilt hat, blieb im Vergleich zu den jetzigen Ergüssen bisher relativ unbeachtet. Auch focus-online und selbst der Spiegel griffen die medienwirksame „story“ – lanciert von der Presseagentur dpa – gerne auf.

Auch die neue musikzeitung kommt nicht umhin, sich in den Medienrummel einzureihen, der jüngst über das Bundesjugendorchester hereingebrochen ist. Und dieser ist erstaunlich: Wann hätte schon mal die Bild-Zeitung über die verdienstvolle Arbeit des BJO berichtet? Wie oft beschäftigen sich die Stuttgarter Nachrichten mit diesem oder anderen Jugendensembles? Und wann haben die Bezieher der Lippischen Landeszeitung jemals in ihrem Blatt über Deutschlands jüngstes Spitzenorchester gelesen? Nun haben sie – und wissen schon nach Lektüre des Eingangssatzes: „Professor Franz Müller-Heuser ist sauer“. Dass eben derselbe bereits viele Jahre lang glücklich über pädagogische und musikalische Erfolge des Musikrats-Aushängeschildes ist und diese Freude oft und gerne der Öffentlichkeit (auch den Medien) mitgeteilt hat, blieb im Vergleich zu den jetzigen Ergüssen bisher relativ unbeachtet. Auch focus-online und selbst der Spiegel griffen die medienwirksame „story“ – lanciert von der Presseagentur dpa – gerne auf. Dem ewigen Medienmuffel sei an dieser Stelle erklärt, worum es ging: Seine diesjährige Spanien-Tournee sollte das BJO mit einem Konzert auf der Insel Menorca beenden. Dieses Konzert jedoch fand nicht statt. Über die Gründe wurde heftig gestritten. Version Nr. 1 (vertreten durch den BJO-Geschäftsführer Volker Spicker und seinen Dirigenten Gerd Albrecht): Einen Tag vor dem Konzerttermin wurde die Bühne mit einem schlecht riechenden und dazu noch giftigen Lack neu gestrichen, so dass ein Auftritt undenkbar gewesen sei. Version Nr. 2 (vertreten durch den Konzertveranstalter und die stellvertretende Bürgermeisterin der betroffenen Stadt Ciutadella): Die jungen Musiker hätten sich vor dem Konzert sinnlos betrunken und seien nicht mehr in der Lage gewesen zu spielen. Damit war die Story geboren: zunächst die Lokalpresse, dann auch die überregionale Zeitung „El Mundo“ griffen das Orchester scharf an. Von einer „Orgie von Sex, Drogen und Alkohol“ war gar die Rede. Dies reizte nun auch die „deutsche presse agentur“ und machte schließlich die Runde durch die oben genannten und weitere Medien.

Uns sollen hier nicht die Einzelheiten interessieren. Ein offenes Geheimnis ist es, dass junge Musiker (auch die des BJO) ihre Orchesterarbeitsphasen gerne nutzen, um über die Stränge zu schlagen, auch in punkto Alkohol. Kein Geheimnis aber ist es, dass gerade die Mitglieder der überregionalen Ensembles (Bundes- und Landesjugendorchester) ihre Musik in der Regel so ernst nehmen, dass sie niemals ein Konzert gefährden würden. Volker Spicker versichert denn auch glaubwürdig, den Veranstaltern eine Verlegung des Konzertes in andere Räumlichkeiten angeboten zu haben. Aber davon wollten diese nichts wissen.

Uns interessiert die medienpolitische Lehre, die wir aus diesem Ereignis ziehen können. Jugendorchesterleiter oder -organisatoren, die seit Jahren eine wichtige und kontinuierliche Arbeit im Bereich der musikalischen (und sozialen!) Bildung leisten, glaubten bisher, die begrenzten Möglichkeiten ihrer – meist erfolglosen – Öffentlichkeitsarbeit ausgeschöpft zu haben. Haben sie nicht! Die musikalische Leistung gerade der Spitzenorchester, das Engagement der Jugendlichen, die ehrenamtliche Arbeit der Verantwortlichen: Wer wollte darüber in der Zeitung lesen?

Jedem Orchesterleiter ist es nun selbst überlassen, wie er mit der BJO-Erfahrung umgeht, ob er zukünftig ähnliche oder – noch besser – neuartige Skandale lanciert, um sich den lang gehegten Wunsch einer angemessenen Beachtung durch die Medien endlich zu erfüllen. Der Phantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt. Fest steht allerdings: Sex und Alkohol ziehen meistens!

Immerhin: Die Berliner Redaktion der Bild-Zeitung ließ dem „Skandal“-Artikel wenige Tage später einen weiteren folgen. Dieser berichtete vom Erfolg des BJO beim Jugendorchester-Festival „Young Euro Classic“ in Berlin. Vom „umjubelten Konzert für den Musiker-Nachwuchs“ war hier die Rede, von der Opferbereitschaft der jungen Musiker, die ihre Freizeit in die Orchesterarbeit investieren. Eine Wiedergutmachung? Oder gar erstes Anzeichen für einen Bewusstseinswandel der Massenmedien? Schön wär’s. Wir sagen: Bravo, Bild-Zeitung! Und vielleicht zieht ja RTL 2 bald nach.

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