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Eigentlich haben wir es gar nicht nötig, unser konstruktives Verhältnis zum Deutschen Musikrat ausgerechnet an dieser Stelle unter Beweis zu stellen. Hier ist nämlich eigentlich der Platz für zynisches Zausen, moralische Zeigefinger und schockierende Enthüllungen. Wenn wir uns entschließen, unsere gern gelesene Schmuddelecke für die Veröffentlichung einer Stellenanzeige preiszugeben, die noch dazu an anderer Stelle (wegen ihrer sparsamen kleinen Schrift allerdings schwer leserlich) nochmals, dort aber komplett im Blatt steht, dann erwarten wir dafür bei Gelegenheit die Verleihung der Andreas-Eckhardt-Dankes-Medaille wenigstens zweiter Klasse für selbstlose Verdienste ums semiprofessionelle Musikleben. Also: Beim Deutschen Musikrat e.V. ist die Stelle des Generalsekretärs neu zu besetzen. Die Stelle ist in gleicher Weise für Frauen und Männer geeignet. Neben einer Vergütung gemäß BAT I werden die für den öffentlichen Dienst üblichen Sozialleistungen geboten. Bewerbungen sind bis zum 16. November 1998 zu richten an: DMR, Bonn. Au Backe. Es eilt. Und das hat seine Vorgeschichte und einen aktuellen Anlaß: Die Kanzlerin der Kölner Musikhochschule, Isabel Pfeiffer-Poensgen, geht nämlich als Kulturdezernentin nach Aachen. Ein halbes Jahr lang ließ sie ihren ehemaligen Chef und damaligen Rektor der Kölner Musikhochschule, den derzeitigen Präsidenten des Deutschen Musikrates, Franz Müller-Heuser, sozusagen am ausgestreckten Arm hungern. Der hätte sie sehr gern als Nachfolgerin von Andreas Eckhardt auf den Posten der Musikrats-Generalsekretärin gehievt. Die Gespräche waren angeblich weit gediehen. Monatelang wurden kleine „beamtenrechtliche Versorgungs-Probleme“ als sicherlich lösbare Hinderungsgründe genannt. Frau Pfeiffer-Poensgen wollte sich für wenigstens drei Jahre eine Rückkehrmöglichkeit ins beamtete Daunenbett sichern. So kann man einerseits richtig froh sein: Viel innovativer Drive wäre bei einem derartigen Motivationspotential wohl kaum zu erwarten gewesen, dafür wohl viel Verständnis für den Präsidenten in dessen letzten Amtsjahren. Freilich braucht der Musikrat derzeit keine Kuschelpolitik, sondern ein selbstbewußtes, offensives Auftreten. Es ist eine mittlere kulturpolitische Katastrophe, daß zu Zeiten, da alle kulturellen Kräfte beispielsweise ihre Kontakte zum neuen Bundes-Kulturminister knüpfen, der Musikrat nur mit einer beschränkt handlungsfähigen Exekutive dasteht. Dieses Manko, das sich musikpolitisch auf Jahre auswirken dürfte, hat freilich nicht nur der Präsident, sondern auch das kleinkrämerisch agierende Präsidium des Musikrates zu verantworten. Aus einer Reihe (der nmz teils namentlich bekannter) vorzüglicher Bewerber sah sich dieses in enge Verbandsinteressen aufgespaltene oder an Veränderungen desinteressierte Gremium nicht imstande, einen möglicherweise auch noch tatkräftigen Kandidaten auszuwählen. Verantwortungsbewußte Gremien sind schon aus geringfügigeren Versagensgründen geschlossen zurückgetreten. Eine ganze Bewerber-Riege wurde durch diese „Strategie der gezielten Berufung“ düpiert und „verbraucht“. Ist das was kommt, nicht fast zwangsläufig zweite Wahl?