Wie es um das Verhältnis der Musikkultur zur Musik bestellt ist, weiß einer ganz genau: Einer der es wissen muss, ist er schließlich doch zur Zeit Bundesminister für Wirtschaft und Energie im Kabinett Merkel III. „Ein Onkel, der was mitbringt, ist besser als die Tante, die Klavier spielt“, meinte Sigmar Gabriel neulich einmal. So hat es der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, jedenfalls aufgeschnappt und in die Welt hinausgetwittert.
Wir wissen jetzt zwar nicht so genau, was der Onkel von Sigmar Gabriel immer so mitgebracht hatte, ob es sich um Eis, Kaffee oder einen Apple-Musikdownload-Gutschein gehandelt hatte, in jedem Fall muss es offenbar allemal besser gewesen sein als das Klavierspiel einer – oder speziell – seiner Tante. Was also mag dem Siggi Pop die Tante auf dem Klavier in Goslars Wohnzimmerchen gespielt haben: Schumanns „Säumerei“ oder dessen „Kafkaesken“? Worin musste Sigmar seinen musikalischen Frust ertränken: In Onkels Speckmäuschensaft, Zuckerrübensirup? Da muss bei der musikalischen Sozialisation des kleinen Siggi offensichtlich etwas grundlegend schiefgelaufen sein.
Werte sind nur wirtschaftlich etwas wert, wenn es sich nicht um so etwas Fragilflüchtiges handelt wie lebendig gespielte Musik. So muss man es wohl verstehen. Und das sagt einer, der einen klavierspielenden politischen Großonkel, nämlich Helmut Schmidt, hatte und der selbst einmal als „Beauftragter für Popkultur und Popdiskurs der SPD“ mit dem Spitznamen Siggi Pop dünnste Politikgeschichte schrieb.
Wie auch immer, für die Wertschätzung des Künstlerischen im Feld der Wirtschaftspolitik kann dies nichts Gutes für die Zukunft heißen. Vielleicht haben wir aber auch Glück und er wird in der nächsten Legislatur nur Bundeskanzlerin und seinen Platz übernimmt Guitarhero Heiko Maas.