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Briefkästen. Foto: Hufner
Briefkästen. Foto: Hufner
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Where the streets have no name, aber Briefkästen

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Ferchows Fenstersturz 2017/12
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Verfluchte Post! Erst bauen sie die Telefonzellen ab. Dann die Briefkästen. Aber langsam. Verteufeln Sie nicht gleich die Post, wenn Sie demnächst Ihre bigotten Weihnachtsgrüße an die immer noch lebende Verwandtschaft in keinen Briefkasten werfen können. Denn schuld ist Bono, Sänger der steuerbefreiten „Früher mal“-Rockband U2 und gleichzeitig Gerechtigkeitsfanatiker, Kapitalistengegner, Frauenrechtlerin, Kinderschützer und Kämpfer für den Schuldenerlass armer Länder.

Deutet man die Recherchen der Enthüllungsplattform „Paradise Papers“ richtig, bleibt nur ein Schluss. Bono hat die gelben Kübel selbst ab- und unter anderem in Litauen wiederaufbauen lassen. Aus Finanzoptimierungsgründen. Aber wie sollen wir uns das vorstellen?

Bono im Blaumann und mit Werkzeugkasten? Bonos Bandkollegen als Ein-Euro-Aufstocker für den steuerlich vorteilhaften 400 Euro Job, mit denen er seine Musiker sowieso seit Jahrzehnten abspeist? Hätte er einfacher haben können. Für ein Astra sprengt die jeder St. Pauli- Punk sauber und ordentlich weg. Aber gut. Jahrzehntelang hat Bono seine Spenden in Couverts gepackt, persönlich eingeworfen und am zweiten Glied jedes Fingers horrende Krümmungen und Schnittwunden vom Briefkastenschlitz. Verständlich, dass er auch mal was behalten will. Und lesen Sie mal, welch „Mysterious Ways“ ein ehrlicher Arbeiter im „Joshua Tree“ des Herrn auf sich nehmen muss, um nicht arm zu sterben. Zunächst verschwand U2 aus dem strukturschwachen Irland (Infos unter apple.com) Richtung Holland (Infos unter nike.com).

Stichwort: Lizenzbesteuerung von Künstlern. Eigentlich wollte Bono Holland vor der Flut erretten, doch heute wird eben alles falsch ausgelegt. Trotzdem dachte sich Bono: „I still haven’t found, what I’m looking for“ und wurde fündig auf Malta und Guernsey, einer britischen Kanalinsel, die unter uns allen für „Teilvermögensverwaltung zum Schleuderpreis“ bekannt ist. Doch Bonos „Desire“ brannte weiter. Denn „Even better than the real thing“ ist es nur, wenn man Mitbesitzer eines Einkaufszentrums in Litauen wird, weil „Sometimes You Can‘t Make It On Your Own“. Und da U2 in ihrer ganzen Karriere nie ein Konzert in Litauen spielten, fragte sich Bono an einem „Beautiful Day“: Warum immer nur Afrika? Warum nicht Litauen? Sieht auch irgendwie arm aus und schrieb seinen Bandkollegen „This Is Where You Can Reach Me Now“. Nebenbei blieb Bono seinem altruistischen Motto „Trying to throw (my) arms around the world“ immer treu und freute sich 2012 schelmisch, als ihn der Facebook- Börsengang zum hundertfachen Millionär machte. Da kann man schon „Pride“ sein, „when money comes to town“. Oder war es „love“? Egal. Ich bin nur froh, dass „One“ von Bonos Briefkas­tenfirma, wohl auch nach Deutschland führt, ins mondäne Duisburg. Aber „Achtung Baby“! Denn in Deutschland gibt es knallharte Haftstrafen (Infos unter fcb.com). Irgendwie ergeben Bonos Texte erst jetzt einen Sinn.

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