Ein Festival ist stets mehr als die Summe seiner Konzerte. Im Fall des Montreux Jazzfestival besteht dieser Mehrwert in einer 14 Tage dauernden Party. Im 34. Jahr seines Bestehens lockte dieser Festivalklassiker mehr als 140.000 Besucher, darunter viele Tanz- und Partywütige, an die Ufer des Genfer Sees. Für einen großen Teil der Gäste ist das Wort Jazz im Titel des Festivals nur schmückendes Beiwerk. Um die Konzertsäle und an der Uferpromenade herrscht permanente Volksfestatmosphäre und oft wünscht man sich die Musik befreit vom Treiben der fliegenden Händler, vom durchdringenden Geruch der zahllosen Imbissbuden. Dennoch gilt der Jazz hier mehr als anderswo: Das ganze Vergnügen bezahlt man nämlich wie eh und je mit einer stabilen Währung, dem „Jazz“: ein Jazz entspricht dabei dem Wert eines Schweizer Franken.
Ein Festival ist stets mehr als die Summe seiner Konzerte. Im Fall des Montreux Jazzfestival besteht dieser Mehrwert in einer 14 Tage dauernden Party. Im 34. Jahr seines Bestehens lockte dieser Festivalklassiker mehr als 140.000 Besucher, darunter viele Tanz- und Partywütige, an die Ufer des Genfer Sees. Für einen großen Teil der Gäste ist das Wort Jazz im Titel des Festivals nur schmückendes Beiwerk. Um die Konzertsäle und an der Uferpromenade herrscht permanente Volksfestatmosphäre und oft wünscht man sich die Musik befreit vom Treiben der fliegenden Händler, vom durchdringenden Geruch der zahllosen Imbissbuden. Dennoch gilt der Jazz hier mehr als anderswo: Das ganze Vergnügen bezahlt man nämlich wie eh und je mit einer stabilen Währung, dem „Jazz“: ein Jazz entspricht dabei dem Wert eines Schweizer Franken. Das eigentliche Festival-Publikum entspannte sich tagsüber in den Lounges der zahlreichen Hotels und besuchte am Abend etwa eine Hommage an Serge Gainsbourg oder Konzerte von Al Jarreau, Ute Lemper, Keith Jarrett sowie einer „renovierten“ Deep-Purple-Rockband, die mit ihrem Hit „Smoke On The Water“ an die eigene, aber auch die Jugend des Jazzfestivals Montreux erinnerte. Denn der Song der Altrocker ist die in Hardrock geronnene Erinnerung an den Brand, der vor 29 Jahren während eines Konzerts von Frank Zappa das Casino zerstörte und Deep Purple zwang, kurzfristig in einen improvisierten Konzertsaal umzuziehen.Drei Konzertnächte seien hier exemplarisch vorgestellt. Sie ließen die ganze Missstimmung über Rummel und Massenbetrieb verfliegen. Der vietnamesische Gitarrist Nguyên Lê füllte zwar nicht das Auditorium Stravinsky wie seine Kollegen John McLaughlin oder Jeff Beck vor zwei Jahren. Doch nach dem Eindruck, den er in der Miles-Davis-Halle hinterließ, ist das nur noch eine Frage der Zeit.
Zusammen mit dem französischen Bassisten Renaud Garcia-Fons und dem spanischen Schlagzeuger Tino DiGeraldo brannte Lê ein Jazzrock-Feuerwerk ab, das an Explosivität und Farbenreichtum seinesgleichen sucht. Vor dem Auftritt des Vietnamesen zeig- te eine Art „Trio infernale“, bestehend aus dem Pianisten Jens Thomas, dem Trompeter Paolu Fresu und dem Akkordeonspieler Antonello Salis, was passiert, wenn man Ennio Morricones Filmmusik mit Freejazzelementen anreichert. Die Klänge und Motive durch-dringen sich in atemberaubender Geschwindigkeit und brauchen somit die Filmbilder nicht mehr: Sie sind selbst schon aufregend genug.
Zwei Tage später beim Konzertabend des Verve-Labels: Aufwallende Emotionen im Auditorium Stravinsky, als Diana Krall die Bühne betritt. Ihrer Präsenz kann sich keiner entziehen. Noch einen Tag zuvor hatte hier das Publikum bei Keith Jarretts großer Kunst der Standard-Variation den Atem angehalten und hatte hinaufgeschaut zum unnahbaren Maestro. Diana Krall dagegen bot Standards in der ihr eigenen, sinnlich-spröden Art. Ihre Stimme: wie sie selber, eine herbe Schönheit; ihr Klavierspiel: kein bisschen Show, sondern echte Meisterschaft. Die Kunst der Krall: eine stilisierte Form des Barjazz, die dem Publikum förmlich unter die Haut zu gehen schien.
Zur Überraschung der Besucher ergänzte George Benson die Band der Krall zum Quintett. Benson, der ursprünglich nur den zweiten Part des Abends mit seiner Souljazzformation gestalten sollte, war wohl ebenso der Anziehungskraft der Krall erlegen wie die Zuhörer. Das Krall-Benson-Quintett war spannender als die später folgende Show der George Benson Group, die nurmehr ihren bekannten Schmuse-Soul-Funk-Jazz darbot.
Während Diana Krall ein Publikum bediente, das Jazz in erster Linie emotional hört, hatte Keith Jarrett tags zuvor mit seinem Trio die Hörerschaft mit nicht so leicht zugänglicher Musik herausgefordert.
Das Wagnis war gelungen, Jarrett hatte zu recht darauf spekuliert, in Montreux ein gewisse Kennerschaft vorzufinden. Dominierte bei Krall die Emotionalität, so überzeugten Jarrett und seine Mitstreiter Jack DeJohnette (Schlagzeug) und Gary Peacock (Kontrabass) bei ihren Darbietungen durch Raffinesse. Keith Jarrett spielte inspiriert und konzentriert, entließ das Publikum auch nicht in die Pause, sondern setzte an die große Improvisation des Beginns unmittelbar eine schnelle Folge von Standards. Auch in diesem Teil des Abends war die für Jarrett typische pianistische Klangrede in Vollkommenheit zu erleben. Während Peacocks Anteil sich ins Gesamte dienend einfügte, spielte sich DeJohnette immer freier und immer mehr in den Vordergrund.
Fast wurde er zum Star des Abends: Was spräche eigentlich gegen ein experimenteller agierendes Duo Jarrett/DeJohnette?