Der Schluss-Akkord hätte bunter und selbstironischer nicht sein können. Die 16-köpfige „Special Big Band“ des japanischen E-Gitarristen Otomo Yoshihide ließ den 60er-Jahre-Ohrwurm „Say a little prayer“ (Burt Bacharach) in fröhlicher Bläserwucht und Rhythmus-Power überschäumen. Und setzte dann auch noch mit tanzenden Sängerinnen einen extra langgezogenen japanischen Schlager hinterher, der wie Fernost-Karaoke zu Live-Jazz klang.
Zeiten und Welten verbinden mit Tönen
Eine Paradiesvogel-Schlussfete von schräger Munterkeit, die für Momente aber auch zu tiefgründigem Ernst fähig war: und das auf der großen Bühne im Haus der Berliner Festspiele. Dort und an anderen Spielorten feierte das Jazzfest Berlin vier Tage lang sechzigsten Geburtstag – denn seit 1964 gibt es dieses bedeutendste Jazzfestival Deutschlands, das einst unter dem Namen „Berliner Jazztage“ gegründet worden war (da die erste Ausgabe mitgezählt werden muss, war das jetzt das 61. Jazzfest, aber eben 60 Jahre nach dem Debüt).
Eines bleibt gleich festzuhalten: Selbst ein „little prayer“, wie in Burt Bacharachs Song, scheint nicht nötig zu sein, was die Qualität und Lebendigkeit dieses Festivals angeht. Dieses Jubiläums-Jazzfest bot ein Programm, das anregender und gehaltvoller nicht hätte sein können. Die vier Festival-Tage zeigten auch, welch hohes Niveau aktueller Jazz aus unterschiedlichen Teilen der Welt haben kann: mitreißende Musik mit Ecken, Kanten, Tiefe, Poesie und vielen berührenden Momenten. Lauter Highlights in einer Spanne von den Pianist:innen Kris Davis, Sylvie Courvoisier und Joachim Kühn bis hin zu Saxophonist Joe Lovano und Schlagzeuger John Hollenbeck. Die künstlerische Leiterin Nadin Deventer – seit 2018 und auf jeden Fall noch bis 2027 im Amt – lieferte bei diesem Jubiläum nach vielen guten Festivals ihr wohl bisher bestes Programm ab: vielfältig, herausfordernd und mit viel Sinn für spannende Dramaturgie. Das Jazzfest Berlin wurde 60 – und einer der bedeutendsten deutschen Jazzmusiker dieses Jahr 80: der Pianist Joachim Kühn. Er stellte im Hauptkonzert am Samstagabend im Großen Saal sein neues Trio vor – das „Joachim Kühn French Trio“, das hier Weltpremiere feierte. Seine beiden Partner darin sind Bassist Thibault Cellier und Schlagzeuger Sylvain Darrifourcq, zusammen etwa so alt wie Kühn alleine. Wie eine musikalische Frischzellenkur wirkt offenbar die neue Zusammenarbeit für Joachim Kühn. Eine soghafte Kraft hatte das Konzert der Drei von Anfang an: Nach sehr ruhigem, introvertiertem Beginn ballte sich die Energie des Trios immer wieder zu gewitterhaften Entladungen.
- Den Artikel in voller Länge finden Sie unter www.jazzzeitung.de
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