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Auf Wellen geschrieben

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Seit einigen Jahren entdecken immer mehr Komponisten die assoziativen Qualitäten von Musik. Titel, Gestik und Klanglichkeit zielen verstärkt auf außermusikalische Vorstellungen. Das Hörerlebnis soll – frei nach Immanuel Kant – ein freies Spiel von Einbildungskraft und Verstand sein, unabhängig von verbindlichen Strukturideen oder Begriffen, aber geleitet von bildlichen oder musikdramatischen Vorgaben. Bestätigt finden konnte man dies jüngst bei den Wittener Tagen für Neue Kammermusik, zum Beispiel anhand neuer Stücke von Bernhard Lang, Emanuel Nunes und Johannes Maria Staud, die allesamt Literatur verinnerlichten und als Vorgängerwerke zu geplanten Musiktheaterwerken entsprechend „beredt“ ausfielen.

Ein Meister leiser, aber umso eindringlicherer Musik, die huschende Sprechstimmen, Bilder, Szenen und Räume imaginieren lässt, ist Salvatore Sciarrino, dessen „Graffito sul mare“ für das Trio Accanto und das RSO des Bayerischen Rundfunks entstand und mit diesen am 6. Juni im Herkulessaal der Münchner Residenz erstmals zu hören sein wird. Statt wie Sciarrinos fließende Bilder auf flüchtigen Wellen ist Tizians Gemälde „Dornenkrönung“ seit über vierhundert Jahren fest auf Leinwand gebannt. Giselher Klebe hat sich davon jetzt zu seinem gleichnamigen „Poema sinfonico“ für Mezzosopran und Orchester nach dem 22. Psalm inspirieren lassen, das am 21. Juni im Sommertheater Detmold zur Uraufführung gelangt.
Starke Affinität zum Musiktheater auch zeigt Reinhard Febels „Wolkenstein“ für Schauspieler, Chor, Solisten und Instrumente, das am 22. Juni im Berliner Konzerthaus erstmals zu hören sein wird und den spätmittelalterlichen Ritter-Dichter Oswald von Wolkenstein beim Diktieren seiner Verse zeigt. Geradezu klassischen Topoi folgen Heinrich Poos`„Orpheus Laute“ für zwei gemischte Chöre a capella am 28. Juni in der Münchner Allerheiligen-Hofkirche und Werner Heiders „Am Horizont“ für Orgel und Orchester am 29. Juni in der Nürnberger Sebalduskirche. Ob schließlich Christoph Staudes „After Images“ für Ensemble ebenfalls nach Bildern komponiert ist oder ob es gerade umgekehrt die Zeit der Bildhaftigkeit von Musik wieder hinter sich lässt, wird sich am 28. Juni im E-Werk Freiburg i.Br. zeigen.

Weitere Uraufführungen

13.6.: Jörg Herchet, Das geistliche Jahr, Pfingstkantate, Kreuzkirche Dresden
15.6.: Rebecca Saunders, Neues Werk für 6 kl. Kammermusikgruppen, London
20.6.: Tatjana Komarova, Klaviertrio, Klavierfestival Ruhr, Duisburg
21.6.: Volker Heyn, Syz für Percussion, E-Gitarren, Klaviere und Live-Elektronik, Gare du Nord Basel
27.6.: Johannes Kalitzke, Memoria für neun Spieler, Romanischer Sommer St. Maria im Kapitol Köln
29.6.: Mesias Maiguashca, Neues Stück für je zwei Cellisten und Schlagzeuger, Sudhaus Tübingen

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