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Foto: Hans Jörg Michel
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Ausstattungsoper mit stehendem Personal

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Giacomo Puccinis „Turandot“ am Theater Duisburg in der Inszenierung von Huan-Hsiung Li lässt Wünsche offen. Christoph Schulte im Walde konnte das nicht überzeugen.

2017 wird das „National Kaohsiung Center for the Arts“ in Taiwan eröffnet, eines jener gigantischen Kulturzentren, die seit etlichen Jahren in Asien wie Pilze aus dem Boden schießen. Das Zentrum wird unter anderem über ein Opernhaus mit 2250 Plätzen verfügen, eröffnet wird es mit Giacomo Puccinis „Turandot“ – mit eben jener Inszenierung, die am vergangenen Wochenende bereits im Theater Duisburg Premiere feiern konnte: ein Kooperationsprojekt der Deutschen Oper am Rhein und dem taiwanesischen „Center for the Arts“.

Man durfte schon durchaus gespannt sein, was sich das taiwanesische Regieteam rund um Regisseur Huan-Hsiung Li, Bühnenbildnerin Jo-Shan Liang und Kostümbildner Hsuan-Wu Lai würde einfallen lassen. Zumal dem Kopf des Teams Li ein guter Ruf aus der asiatischen Heimat vorauseilt. Er sei „der bedeutendste Vertreter der Theaterbewegung“ und „in der taiwanesischen Avantgarde ab den 1980er Jahren für sein Talent und seine Vorstellungskraft bekannt“, hieß es im Vorfeld der Premiere. Allein: Lis Lesart des Opernstoffs kam nicht über eine höchst opulente Bebilderung der Geschichte rund um die kalte und herzlose Prinzessin Turandot hinaus. Da gab es prächtige, stilistisch durchaus gemischte Kostüme, eine nüchterne Spielfläche mit breitem Mittelgang, im Hintergrund begrenzt von einer schlicht gebauten Stadtmauer samt Tor – und jede Menge Personal, das überwiegend stand, der große Chor inklusive. Keine Spur von Lis Anspruch, „Turandot“ als Traum einer jungen Frau unserer Tage zu deuten. Auch irgendwelche politischen Anspielungen blieben bloße Behauptung, denn diesbezüglich klare Aussagen zu treffen, bedarf es mehr als einer ein paar Sekunden langen Videoeinspielung eines Regenschirm-Protestes in Hongkong im September 2014.

A propos Video: immer wieder senkten sich in dieser „Turandot“ schmale Projektionsflächen vom Schürboden auf die Bühne herab, auf denen dann fließende Tinte-Bilder sichtbar wurden. Womöglich kann ein taiwanesisches Publikum mehr damit anfangen als ein europäisches... – was es auf jeden Fall demnächst im „National Kaohsiung Center“ nicht bekommt, ist das, was in Europa und speziell in Deutschland unter dem Begriff „Regietheater“ verstanden wird. Damit hat Huan-Hsiung Li nichts zu tun.

Musikalisch ging es überwiegend feierlich und deshalb auch mitunter recht laut zu. Axel Kober machte nämlich mit den Duisburger Philharmonikern ordentlich Dampf im Orchestergraben, dem der von Gerhard Michalski bestens einstudierte Opernchor durchaus Paroli bieten konnte. Ganz fantastisch, weil immer geschmeidig und wendig, präsentierten sich Bogdan Baciu, Florian Simson und Cornel Frey als Ministertrio Ping, Pang und Pong. Stilvoll litten Bruce Rankin als Kaiser und Sami Luttinen als Timur. Brigitta Kele kehrte als Liù nicht nur ihre sanfte Seele hervor sondern erwies sich als durchaus selbstbewusste Frau. Zoran Todorovich hatte sicher die Kraft für den Kalaf – verfügte aber nicht über genügend Zwischentöne, um den Prinzen mehr als eindimensional darzustellen. Linda Watson gab – eingezwängt in eine betonsteife Staatsrobe – ihr Rollendebut als Turandot, machte sie zu einer harten, unerbittlichen Person. Dies allerdings auch vokal, sprich: mit viel Energie, die die Töne bisweilen mächtig krachen ließen.

Beim Duisburger Premierenpublikum kam diese Art der Ausstattungsoper gut an, der Beifall jedenfalls fiel sehr üppig aus.

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