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DomStufen-Open Air 2020 | OPERA GLORIOSA | Foto: Lutz Edelhoff
DomStufen-Open Air 2020 | OPERA GLORIOSA | Foto: Lutz Edelhoff
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DomStufen-Festspiele Erfurt: … und dann noch ein kleines Feuerwerk

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Die DomStufen-Festspiele gibt es immerhin als Openair-Konzert „Opera Gloriosa“ mit italienischer Oper. Erfurt hatte diesmal Glück mit dem Wetter. Gewissermaßen mit himmlischem Lohn für Mut auf Erden. Die abendlichen Wolken hatten sich am Freitag 21.00 Uhr pünktlich zum Konzertbeginn verzogen. Die Temperatur ging gerade noch für openair. Guy Montavon hielt wie immer eine schwungvolle Ansprache. Diesmal unter dem Motto (übrigens das der Intriganten aus dem „Rosenkavalier“) „Wir sind da“!

Er bedankte sich bei allen Sponsoren, inklusive und neuerlich besonders wichtig, bei den für Genehmigungen zuständigen Politikern und beim Gesundheitsamt. Die Stühle für die erlaubten 500 Zuschauer pro Vorstellung (sonst sind es viermal soviel) standen im Anticorona-Abstand paarweise, etliche auch einzeln. Für die Veranstalter, die auch mit den Einnahmen rechnen müssen, ein hoher Preis. Für die Zuschauer, die einen solchen Platz haben, ein Gewinn an Komfort. So ist das Leben. 

Vor den Domstufen stand diesmal eine Klarsichtkuppel für’s Erfurter Orchester und seinen GMD Myron Michailidis. Dahinter auf den Stufen, mit Sicherheitsabstand auch untereinander, der Opernchor. Da kann man das „Patria oppressa“ der schottischen Flüchtlinge aus Verdis „Macbeth“ ebenso gefahrlos intonieren wie das berühmte „Va’ pensiero“ der gefangenen Juden aus dessen „Nabucco“. In Italien ist der Gefangenenchor die heimliche Nationalhymne, bei der die Dirigenten genauso gut das Publikum dirigieren können. Dort muss er selbst in Inszenierungen wiederholt werden. Ganz so enthusiastisch ist man nördlich der Alpen bei aller Liebe zu italienischer Oper dann doch nicht. 

Angesagt war an diesem Abend eh gut Bekanntes aus italienischen Opern. 80 Minuten lang. Ohne Pause und ohne jedes Auswahlrisiko. Wie ein Wunschkonzert. Nach dem akustischen Sparprogramm seit Mitte März ist das auch gut so. Vor einem ausgehungerten Publikum muss man tatsächlich nicht mit Erkundungsambitionen kleckern, sondern darf mit Wiedererkennungseffekten klotzen. 

Auf die Idee, direkt auf den Gefangenenchor das Trinklied „Libiamo“ aus „Traviata“ folgen zu lassen, muss man allerdings erst mal kommen. Das ist kühn. Wie auch die Ankündigung, dass der Großsponsor für Übertitel sorgen würde. Es gab nur die Titel der Nummern, also wurde niemand durch eine deutsche Textübersetzung irritiert. Aber so kleinlich sollte man das wahrscheinlich nicht sehen. Verdi bleibt Verdi. Hier saß alles. Angefangen mit der „La forza del destino“-Ouvertüre, legen danach Kakhaber Shavidze, Yulianna Bawarska, Siyabulela Ntlale und Brett Sprague mit Arien und Duetten, u.a. aus dem eigentlich in diesem Sommer für die Domstufen vorgesehenen „Nabucco“, los. Besonders eindrucksvoll: Wieland Sattler mit König Philipps „Ella giammai m’amò” aus „Don Carlo“. Genauso geht Verdi. 

Der eingebaute Summchor aus Puccinis „Madama Butterfly“ oder das übervermarktete Intermezzo sinfonico aus Pietro Mascagnis „Cavalleria rusticana“ gehörten bei der Auswahl auch irgendwie dazu. Umso mehr konnte Verdi leuchten. Beim Drumherum passte die schraffierte Überblendung der beiden sakralen Fassaden zum Gefangenenchor am besten. Die Projektion eines Frauenkopfes auf der Domfassade war im günstigsten Falle Selbstironie der Wunschkonzertregie. So wie der mitklatschende (und dazu animierende) Waschbär zum Traviata-Trinklied oder die anstoßenden Sektflöten. Da fehlte eigentlich nur noch der Radetzkymarsch zum Mitklatschen – wie beim Neujahrskonzert aus Wien. Irrtum – er fehlte nicht. Er kam. Und ein kleines Feuerwerk. Und der Abgang der Musiker, einer nach dem anderen. Bis die erste Geigerin und der Dirigent übrig blieben. Aber im Ernst: gut, dass sie es riskiert haben. So stur wie die Erfurter, haben sonst nur noch die Salzburger auf ihren Festspielen bestanden. Erfurt hat die Premiere der abgespeckten Ersatzvariante jedenfalls gut überstanden. 


Web: www.theater-erfurt.de 

  • Nächste Vorstellungen von „Opera Gloriosa“ am 16., 18., 23., 25., 29., 31.07. und 02.08.20
  • alternierend: Operetten- und Musical Programm „in 80 Minuten um die Welt“ am 15., 17., 19., 22., 24., 26., 30.07. und 01.08.20

 

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