Hauptrubrik
Banner Full-Size

Ernste Musik ohne Schwere

Untertitel
Zum Tode des Komponisten Jean Françaix
Publikationsdatum
Body
Die Voraussetzungen für eine musikalische Karriere waren optimal gewesen. Jean Françaix, geboren am 23. Mai 1912 in Le Mans, war Sohn des dortigen Konservatoriumsdirektors, seine Mutter arbeitete am gleichen Institut als Gesanglehrerin. 1918 hatte der gerade sechsjährige Françaix seine erste Komposition zu Papier gebracht – ein Klavierstück mit dem Titel „Pour Jacqueline“. Als dann Françaix zur Fortsetzung seiner musikalischen Studien an das Conservatoire nach Paris ging – er wurde als Pianist und bei Nadia Boulanger im Fach Komposition ausgebildet –, trat er in eine musikalische Landschaft ein, die von der frivolen Leichtigkeit eines neuen Aufbruchs gekennzeichnet war. Sofort fühlte er sich offensichtlich wohl in der neoklassizistischen Umgebung. 1932 entstand sein Concertino für Klavier und kleines Orchester, das ihn sogleich weit über Frankreich hinaus bekannt machte. 1936 spielte es Françaix beim Kammermusikfestival in Baden-Baden, und der Kritiker Heinrich Strobel, über viele Jahre maßgeblicher Wegbegleiter der zeitgenössischen Musik, sprach euphorisch von frischem „Quellwasser, das mit der lächelnden Unbefangenheit des Natürlichen dahersprudelt“. Françaix’ Arbeiten stehen als Regulativ gegen alle Tendenzen theoretischer Überfrachtung. Als seine Aufgabe bezeichnete er es einmal, „ernste Musik ohne Schwere zu komponieren“. In einem sich beinahe über das ganze Jahrhundert erstreckenden Schaffenszeitraum entstand ein gewaltiges musikalisches Pensum. Viel kunstvolle Kammermusik, vor allem die stets von besonderer Vorliebe getragene Bläsermusik, ist darunter, aber auch an die 40 konzertante Arbeiten, Sinfonisches, 5 Opern (darunter als wohl bedeutendste die zwischen 1961 und 1965 entstandene „La princesse de Clèves) und etwa 15 Ballette. Als eines der Hauptwerke von Françaix wird man freilich das große, fantastische Oratorium „L’Apocalypse selon St. Jean“ aus dem Jahr 1939 betrachten dürfen, in dem der Komponist tiefe Religiosität und Gewichtigkeit des Sujets mit seinem Ideal der schwerelosen Musik auf glückliche Weise zu verbinden verstand. Françaix ist am 25. September gestorben.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!