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Eine dunkle Bühne. Allerlei Percussion-Instrumente, Trompeten, Theremin, Kontrabass und Flöten. Natürlich mit den entsprechenden Musiker*innen. Im Hintergrund zwei Projektionen bzw. Bildschirme die etwas zeigen, dass einer in blau gezeichneten Felssäule ähnelt.

George Aperghis’ „Die Erdfabrik“. Ein Ruhrtriennale Auftragswerk aus Klang und Grafik. Foto: Heinrich Brinkmöller-Becker, Ruhrtriennale 2023.

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Georges Aperghis‘ „Die Erdfabrik“: Die Welt als Klang und Grafik

Vorspann / Teaser

Die letzte Runde ihrer Intendanz der RuhrTriennale hat Barbara Frey wieder selbst, mit einer eigenen Schauspielinszenierung eingeleitet. Mit einem burgtheaterfeinen, eher melancholisch nachdenklichen „Sommernachtstraum“ von William Shakespeare. Den kann man sich am Koproduktionszielort Wien freilich noch besser vorstellen, als im Landschaftspark Duisburg. Bei der ersten Musiktheaterproduktion dieser Jahresscheibe der Triennale tagsdrauf ist das nicht so. Die Uraufführung von Georges Aperghis’ Auftragswerk für die Ruhrtriennale „Die Erdfabrik“ präsentiert sich fürs Ruhrgebiet maßgeschneidert komponiert und als musikalische Performance zelebriert.

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Der Komponist Georges Aperghis (*1945) hat sie auch selbst inszeniert – die Authentizität der Umsetzung steht damit außer Frage. Der in Frankreich lebende, 1945 geborene Grieche ist ein Grenzgänger, der kompositorisch seinem eigenen Stern folgt. Einer, der die Verbindung zu anderen Künsten nicht nur billigend bedient, sondern aktiv sucht. Im Falle des jetzt in der Gebläsehalle des Landschaftsparks Duisburg-Nord uraufgeführten 75-minütigen (Kammer-)Musiktheaters „Die Erdfabrik“ hat der französische Schriftsteller, Dichter und Philosoph Jean-Christoph Bailly mit zwei eigenen Gedichten („Blindekuh“ und „Insomnia“) und einem von Annette von Droste-Hülshoff („Die Erzstufe“) den Text beigesteuert. Der kommt allerdings meist in Einzelteile, Silben und Laute zerschreddert, aber von den Musikern partiell gesprochen zu Gehör.

Sprachfetzen die von Klangfluten umspült werden

Das bleibt aber eher Treibgut in einem Meer aus Klängen – irgendwo zwischen der Grenze zur Musik im herkömmlichen Sinne und dem, was Aperghis den Sound von Arbeit nennt. Kern der Inszenierung ist es im Grunde, dem Apparat der Klangerzeugung zuzusehen: Vor mehreren Bildschirmen sind zwei imposante, ins apart Schräge erweiterte Schlagzeugapparate aufgebaut, die von Christian Dierstein und Dirk Rothbrust sachkundig bedient werden. Es gibt hängende und stehende Trommeln, Steeldrums, Becken, Ratschen, Rasseln, Glocken, Wasserbecken und Glasflaschen. Mehrmals dreht einer der Musiker ein riesiges Kreuz in dem Steine (oder vielleicht Kohlen?) rumpeln. Zwischendurch dringt aus all den frei assoziierenden Klanggewittern und Töne-Plätschern ein rhythmisches Amboss-Hämmern durch, und damit der Bezug zu den Nibelungen im „Rheingold“, bezieht sich der Komponist doch auch zur Geschichte des eigenen Genres.

Zu den beiden vielseitigen Klangschlagwerkern kommen Sophie Lücke am Kontrabass, Marco Blaauw mit der Trompete und die famose Donatienne Michel-Dansac mit ihrer virtuos vokalisierenden Stimme. Sie ergänzt auch ein kleines Minitheater, wenn sie in einer Vitrine lauter Tücher aufzieht, die im Grunde das sonst musikalisch hörbare Stichwort „Schichtungen“ illustrieren.

Zwei Angebote: Abschweifen oder philosophisches Meditieren.

Die ganze Inszenierung, oder das szenische Arrangement dieser Klangperformance, besteht im Grunde aus der sichtbaren Verfertigung der Klänge. Sie setzt sowohl auf die freischwingenden assoziativen Verbindung zu den Textteilen und -partikeln, als auch zu den grafischen Animationen, die ihren eigenen ästhetischen Reiz haben. Die wiederum changieren zwischen skurril Figurativem (manchmal kommen einem bei Jeanne Aspergis’ Animationen die Bildwelten des Eigenbrötlers Gerhard Altenbourg in den Sinn) und abstrakt Strukturellem. Denken kann man sich dazu alles mögliche. Auch, dass es um Arbeit im Bergwerk geht, um das Vordringen in die Tiefe der Erde bis hinab zur Kohle. Also auch um Dunkelheit und Zeit, um eine Endlichkeit, die sich in Jahrmillionen misst. Und, dass man die Kohle als eingefangenes Licht betrachten kann, da sie aus einer Welt von Pflanzen hervorging, die lange vor dem Auftauchen des Menschen existierte und verging. Lässt sich man sich darauf ein, dann kann man durchaus bis in eine philosophische Dimension vordringen. Oder abschweifen. Etwa, dass die Spezies Mensch (durch den Abbau und das Verbrennen der Kohle) weit in die Zeit vor ihrer Existenz greift, die Erde ausbeutet und sich an ihrer Vergangenheit „vergreift“. Und aber, dass das Philosophieren über diesen existenziellen Eingriff seine historische Existenz voraussetzt. Und, dass es ja vielleicht doch um einen maßvollen Stoffwechsel des Menschen mit der Natur gehen könnte und nicht nur um einen brutalen Angriff auf die Natur.

Die ausschweifenden Gedanken finden im realen Spielort zusammen

Am Ende der allemal abwechslungsreichen Klang-Bild-Assoziationen dominiert auf den Bildschirmen ein farbiges Geflecht aus Wurzelwerk: Eine neue Form der beschworenen Leere und Dunkelheit – so als würde sich die Natur zurückholen, was ihr genommen wurde. Die Musik kreischt noch einmal auf, wie zu Beginn, als man noch denken konnte, dass alles auf eine Reise Richtung Mittelpunkt der Erde hinausläuft und man tatsächlich mitten auf einen Diskurs zur Dunkelheit zusteuert. So strikt und stringent ist es zwar nicht gekommen im Laufe dieses dicht gefüllten Abends, aber eine Forschungsreise vor allem in das Grenzgebiet von Musik und Klang, von dem, was man in Kunst geronnene Arbeit nennen könnte und was die an Assoziationen beim Zuschauer freizusetzen vermag, die gab es allemal. Und zwar genau am dafür prädestinierten Ort: Der Gebläsehalle, wo einst die Hochöfen angeheizt wurden.

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