Salzburg kann einfach nicht ohne Festspiele leben. Die traditionelle Mozartwoche läuft soeben – mit Musik von Boulez und Pintscher und natürlich von Mozart und Haydn. Die Öffnung zur Gegenwart steht der Mozartwoche gut an. Auch dass Pierre Boulez höchstpersönlich mit seinem Ensemble Intercontemporain erscheint. Auf die Mozartwoche folgten bisher Karajans Osterfestspiele, dann die Pfingstkonzerte, dann das lange Sommerfestspiel, danach das herbstliche Jazzfestival und zum Winter hin die umfangreichen Kulturtage.
Was aber, wenn einen langen Monat überhaupt nichts stattfindet? Dann muss ein neues Festival ins Leben gerufen werden. Und so geschah es auch: Hans Landesmann, bei Mortier geplagter, gleichwohl erfolgreicher Kassenwart der Salzburger Festspiele und zugleich deren Konzertchef mit einem avancierten Musikprogramm, das konsequent auch die Moderne einbezog, füllt die März-Lücke mit einer neu gegründeten Biennale, die, wie der Titel schon sagt, alle zwei Jahre über die Konzertbühnen der Stadt gehen soll. Für das Jahr dazwischen werden die Aspekte der ergänzende Biennalist sein.
Landesmann ist dafür bekannt, dass er nicht einfach neue Musikwerke wie im Supermarkt anhäuft, sondern dass allem ein durchdachtes Konzept zugrunde liegt. Die erste Biennale findet an vier Wochenenden im März 2009 statt. Vier große Musiker unserer Zeit, so Landesmann in seinem Vorwort, stehen im Mittelpunkt. Vier stilbildende Komponisten aus drei Kontinenten. Die abendländische Musik ist offener denn je für die Musik des Morgenlandes. Musiker der Gegenwart schließen „Wahlverwandtschaften mit klingenden Kulturen jenseits der alten Grenzen zwischen Westen und Osten, zwischen der sogenannten Klassik und der Musik der Völker. Westlich ausgebildete Komponisten aus dem Fernen Osten finden zu ihren Wurzeln.
Bei der Biennale trifft der schweizerische Wahlösterreicher Beat Furrer auf den aus maurischen Quellen gespeisten spanischen Flamenco, der Amerikaner Steve Reich auf balinesische Gamelanmusik. Der Japaner Toshio Hosokawa reflektiert immer stärker in seinem Schaffen die Musik seiner Heimat, und der Schweizer Klaus Huber bewegt sich schon seit längerem gern in arabischen Klangwelten. Eine Ausstellung in der Galerie Ropac sowie eine Filmreihe im Filmkulturzentrum „Das Kino“ ergänzen thematisch die Konzerte. Neben den genannten Hauptkomponisten werden natürlich auch viele andere mit ihren zum Thema gehörenden Werken aufgeführt. So werden zum Beispiel bei Hosokawa auch Stücke von Cage, Scelsi, Galina Ustwolskaja sowie viel traditionelle japanische Musik erklingen.
Bei Klaus Huber darf sein 1993 komponiertes Stück mit dem originellen Titel „Die Erde dreht sich auf den Hörnern eines Stieres“ nicht fehlen. Auch „Die Seele muss vom Reittier steigen“ erklingt in einem Konzert des Sinfonieorchesters der Universität Mozarteum. Traditionelle arabische Musik, Hossam Mahmouds „Der Atem der Reinheit“ für Violine, Oud und Elektronik sind weitere Programmpunkte.
Dann gibt es noch ein Preisträgerkonzert „Musikpreis Salzburg“, gestaltet vom Mozarteum Orchester Salzburg und dem Österreichischen Ensemble für Neue Musik. Den ersten, alle drei Jahre verliehenen „Musikpreis Salzburg“ erhielt Salvatore Sciarrino. Diesmal erhält ihn, passend zur Biennale, Klaus Huber. Huber hat schon viele Preise erhalten: Den Beethoven-Preis Bonn (1970), den Komponistenpreis des Schweizerischen Tonkünstlervereins (1975), den Kunstpreis der Stadt Basel (1978), den Preis für Europäische Kirchenmusik der Stadt Schwäbisch Gmünd (2007) und jetzt den Salzburger Musikpreis, der gut dotiert ist. Die Lebenserfahrung lehrt uns, dass auf ein Ereignis oft unmittelbar ein ähnliches folgt. Wie im Lotto. Wer eine große Summe gewinnt, gewinnt beim Weiterspielen bald die nächste. Soviel Glück wünschte man auch dem Komponisten.