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Miroslav Srnka: Singularity Premiere am 5. Juni 2021 im Cuvilliés-Theater. Musikalische Leitung: Patrick Hahn. Inszenierung: Nicolas Brieger.  Foto: © Wilfried Hösl
Miroslav Srnka: Singularity Premiere am 5. Juni 2021 im Cuvilliés-Theater. Musikalische Leitung: Patrick Hahn. Inszenierung: Nicolas Brieger. Foto: © Wilfried Hösl
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Leider nur Vision x.0 - Miroslav Srnkas Weltraum-Oper „Singularity“ in München uraufgeführt

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Bei Diskussionen um die Zukunft von Großsystemen geht es nicht unter „4.0“… Fortschritt verheißende Updates allenthalben - da muss die Kunst schon mithalten. Andererseits dominieren seit Ridley Scotts „Blade Runner“ von 1982 Dystopien und für dieses Filmkunstwerk hat Vangelis einen singulären Sound komponiert. Die Messlatte lag im Cuvilliéstheater also hoch.

Es ist ein Blick von unserer Gegenwart aus in die womöglich nicht allzu ferne Zukunft: In „Singularity“ dramatisieren der tschechische Komponist Miroslav Srnka und der Autor Tom Holloway Probleme um computerisierte Menschen, Updates, menschliche und technische Fehlfunktionen. Ihre „Space Opera for Young Voices“ ist gezielt für den experimentierfreudigen Gesangsnachwuchs des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper geschrieben. Nach den vier klassischen Stimmlagen sind vier Solisten als T(Tenor), S(Sopran), B(Bariton), M(Mezzosopran) benannt; ihnen allen ist schon ein Chip implantiert, mit dem sie wortlos untereinander kommunizieren können - mit einem zur Debatte stehenden Update sogar dann mit der ganzen Welt. Den schon neurotisch streitenden bis zerstrittenen Figuren sind noch vier, auf der Bühne komplett schwarz verhüllte, gleichsam digitale Avatare als „eT, eS, eB, eM“ singend beigeordnet, mal begleitend, mal kommentierend, mal… und da beginnt das Vielerlei: nach einer Art Vorspiel auf Erden - sprich: Vorderbühne mit einem Schwarzen Loch als Zwischenvorhang - werden alle in ein „Spa“ im Weltraum katapultiert. Das ist vom Ausstatter-Team um Raimund Bauer als löchriger Kubus gestaltet, dazu allerlei Weltraum-Projektionen und Farbwechsel.

Ab der Hälfte der rund 80 pausenlosen Minuten fährt ein sprechender Spezialcomputer in den Raum, mischt sich geräuschvoll, mit Bildschirmgrafik und auch sprechend ein … doch da ist der Zusammenhang von Bs Computerspiel-Fixierung, Ss Liebesverlorenheit und Update-Wahn, Ts Solipsismus mit „Trostdrohne“, dem Kanarienimitat „Kenny“ und Ms grantigem Sexismus schon längst verloren gegangen. Komponist Srnka wie Librettist Holloway begehen den klassischen „Macher-Fehler“: sie haben sich zumindest monatelang mit ihrem Werk befasst, vorwärts, rückwärts, hoch und tief – und die fundamentale Theater-Regel nicht beachtet: Dass der Zuschauer dem Werk zunächst nur einmal begegnet und also im Moment der Aufführung abgeholt und in eine – gerne auch herausfordernde – Geschichte mitgenommen werden will – und muss – und gerne auch mit einem Rätsel nach Hause gehen soll! Aber nicht mit selbstverliebt um sich kreisendem Geschwurbel! Auch beim Lesen erschließt sich das Libretto nicht.

Hinzu kommt, dass Srnka nach ein paar geradezu melodiösen Gesangslinien des Anfangs in den üblichen modernistischen Vokalextremismus verfällt. Den acht Solisten wurden Können und Engagement mit ungetrübtem Schlussbeifall attestiert. Das extra engagierte Klangforum Wien setzte die allerlei Floskeln, Geräusche, Phrasen und sprunghafte Dissonanzen bietende Partitur unter der Leitung von Patrick Hahn um, ohne dass sich ein tiefer Eindruck einstellte.

Hängen blieben neben von den Sängern imitierten Computerspielgeräuschen, dem durchweg gebrauchten „Scheiße“ auch imitierter Message-Sprech wie „BKW (Bin kurz weg) - VGHS (Viel Glück hab Spaß) - ZLNG (Zu lang, nicht gelesen)“. Fast gegen Ende fallen immerhin die Sätze „Wart ihr alle … belanglos? Egoistisch? … Waren wir alle … im Grunde unseres Wesens … Versager?“ Und zum Verschmelzen aller in einer unerklärten Singularität heißt es: „Es gab kein ‚Wir‘ mehr. Es gab kein ‚Ihr‘. Es gab nur noch ‚Es‘. Es gab nur noch ‚Ich‘“ – da läge der Stoff für eine politisch aufschreckende, in Herz treffende Utopie. Filme, Poeten, Liedermacher und viele PopmusikerInnen befassen sich damit – warum nicht die zeitgenössische Oper?

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