[…] Yale kam, sah und siegte, überwältigte mit einer Aufführung, die den Enthusiasmus jugendlicher Amateure mit fast durchweg hochprofessionellem Qualitätsanspruch zu verbinden wußte und in ihrer typisch amerikanischen Mischung aus Naivität, Optimismus, Selbstbewußtsein und Perfektion den eingefleischten europäischen Hochmut, auch was das Werk selbst betrifft, beträchtlich ins Wanken brachte.
Leonard Bernsteins „Mass“ in Wien
Daß bei all dem, läßt man ästhetische Vorurteile einmal entschlossen beiseite, die ethisch-religiöse „Botschaft“ Bernsteins so gut ankommt, ist das eigentlich Erstaunliche dieser „Mass“. Ganz so, wie es ihm und dem Mittexter Stephen Schwartz vorschwebt, signalisiert diese szenische Paraphrase eines katholischen Gottesdienstes mit den ihn überwuchernden Songs und Tänzen, mit ihrer fortschreitenden Entfremdung von Ritus und Kommentar bis zur großen Katastrophe und dem wider alle Hoffnung hoffnungsvollen Neubeginn die Glaubenskrise unserer Zeit. Bernsteins utopische Vision des „simple song“ als Gebet des einfachen, kindlichen Menschen zu einem einfachen Gott mag freilich nüchtern-kritischer Analyse nicht standhalten: Im Augenblick und aus dem Idealismus dieser spontan empfindenden jungen Menschen heraus vermochte sie zu überzeugen.
Von all den zahllosen Mitwirkenden nur ein Name: Der 28jährige Dirigent John Mauceri, dessen souveräne Lockerheit und Sicherheit unerhört beeindruckten.
G.K., Neue Musikzeitung, XXII. Jg., Nr. 4, August/September 1973
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