Form und Inhalt sind nicht zu trennen, auch wenn seit Jahrhunderten Formal- und Gehaltsästhetik wahlweise für das eine oder andere plädieren. Weil das Was einer Produktion immer auch vom Wer, Wie und Wo der Präsentation abhängt, sorgte die klassizistische Einteilung der Künste für entsprechende Einrichtungen: im Museum hängen Bilder, im Theater spielt das Drama, im Konzert- und Opernhaus die Musik. Darüber hinausgehende Materialien, Medien, Besetzungen und Aktionen der Avantgarden des 20. Jahrhunderts bis heute stoßen dadurch an Grenzen: architektonisch, akustisch, institutionell, personell. Meist werden die traditionellen Dispositive entweder als selbstverständlich übersehen, ausdrücklich bedient oder den neuen Inhalten übergestülpt. Nur selten wagt man eine Umdisponierung der alten Vorgaben.

Uraufführungen 2024/02
Musik von Format
Für das Festival ECLAT wird dieses Jahr aus dem größten Saal des Stuttgarter Theaterhauses die Publikumstribüne entfernt. Die so entstehende Freifläche kann dann immer wieder anders mit Musik besetzt, gerichtet, belebt und bespielt werden, um dem Publikum eben das zu ermöglichen, was das Festivalmotto verspricht: „Perspektivwechsel“. Vom 31. Januar bis 4. Februar gibt es außerdem etliche ungewöhnliche Kombinationen und Formate: Jennifer Walshe verbindet Tänzerin und Schlagzeugerin, Turgut Erçetin vereint Barockensemble und SWR-Sinfonieorchester, Belenish Moreno-Gil und Oscar Escudero inszenieren „The Day Fanny Mendelssohn died“, Liza Lim lässt auf einem neolithischen Keramikhorn blasen, Christoph Ogiermann kreiert mit Yarn/Wire eine „Session“, und Clemens K. Thomas zeigt das Kindertheater „BÄ!“. Hinzu kommen ein „Heavy Metal Ritual“, „Grenzüberschreitungen und Entdeckungen“ mit dem Ensemble SPORT, sowie acht Performances im Rahmen des Fortsetzungsprojekts „Poetry Affairs“.
Neben gängigen Darbietungsformen bietet auch die siebte Ausgabe der Biennale für aktuelle Musik „cresc…“ zum Thema „Fadenspiele“ alternative Präsentationen. Ausgerichtet von Ensemble Modern, hr-Sinfonie-Orchester Frankfurt, hr-Bigband und Internationaler Ensemble Modern Akademie möchte das Festival vom 16. bis 25. Februar an unterschiedlichen Orten in Frankfurt, Darmstadt, Kronberg und Wiesbaden musikalische, räumliche, symbolische und haptische Netze knüpfen. Zu erleben sind eine Licht- und Rauminstallation von Yasuhiro Chida, eine choreographierte Musikcollage von Rebecca Saunders und wandernde Streichinstrumente in Stücken von Ryoji Ikeda. Weitere Uraufführungen stammen von Alexander Schubert, Hendrika Entzian, John Hollenbeck, Michael Hope, Christian Jaksjø, Jaeduk Kim, Niels Klein, Polina Korobkova, Sunghyun Lee, Po-Chien Liu, Jim McNeely, Gil Monteagudo, Zaneta Rydzewska und Erica Seguine.
Weitere Uraufführungen:
01.02.: Stefan Pohlit, Safaklarin Cihangiri für Orchester und türkisches Kanun, Saalbau Neustadt/Weinstraße
03.02.: Simon Steen-Andersen, no Concerto für Klavier, Schauspieler, Live-Elektronik, Licht, Video und WDR-Sinfonieorchester, Musik der Zeit WDR-Sendesaal Köln
09.02.: Hannes Seidl, Musiktheater B-Ebene: Underground Stories – Porträt einer Stadt, Mousonturm Frankfurt
10.02.: Detlev Glanert, Die Jüdin von Toledo, Oper in fünf Akten nach dem Libretto von Hans-Ulrich Treichel frei nach Franz Grillparzer, Semperoper Dresden
18.02.: Zaneta Rydzewska, intermediales Musiktheater Tunnelblick, Ruff-factory Köln-Ehrenfeld
23.02.: Minas Borboudakis, sparks, waves and horizons für BR-Symphonieorchester, musica viva Herkulessaal München
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