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Neue Musik für Kinderchöre

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„Wer komponiert für unsere Kinder- und Jugendchöre?“
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Auf diese Frage reagieren die meisten Komponisten hierzulande eher abweisend. Entsprechend ist das Repertoire an deutschsprachiger Kinderchorliteratur - folgt man den Klagen vieler Chorleiter - äußerst knapp bemessen. Ein Problem, dem man im europäischen Ausland, vor allem in den skandinavischen Ländern kaum begegnet. Selbst Avantgardisten wie Castiglioni, Knaifel, Radulescu oder Xenakis haben für Kinderchor komponiert. Ob die Scheu deutscher Komponisten, an eine lange Chormusiktradition anzuknüpfen möglicherweise eine Nachwirkung der unheilvollen Vereinnahmung deutscher Volksmusiktradition durch die NS-Diktatur darstellt, darüber lohnte sich eine längere Diskussion. Außerdem begegnen einem des öfteren junge Komponisten, die Bedenken haben, sich mit einem Werk für Kinderchor den Ruf zu erwerben, eher kompositorisch dilettierende Musikpädagogen als ernsthafte Komponisten zu sein, um mit diesem Stigma für die „normalen“ Aufführungsapparate zeitgenössischer Musik alle Attraktivität einzubüßen. Wilfried Hiller ist einer der wenigen bekannten deutschen Komponisten, die entsprechende Verdikte konsequent ignoriert haben und erfrischende Werke für Kinder geschaffen haben. Hier sind auch experimentellere Geister wie J.A. Riedl, Hespos oder D. Schnebel zu nennen. Am 1. Mai dieses Jahres konnte man nun in Wolfenbüttel die ersten Früchte einer Initiative bestaunen, die diesen Mißstand mildern helfen will. Der Arbeitskreis Musik in der Jugend (AMJ) gab anläßlich seines 50-jährigen Jubiläums mit Unterstützung der Alfred Toepfer Stiftung F.V.S., der Stiftung Deutsche Jugendmarke, der Kulturstiftung der Länder und DeutschlandRadio zum ersten Mal Werke für Kinderchor in Auftrag, die in enger Zusammenarbeit der Komponisten mit dem jeweiligen Ensemble für die Uraufführung erarbeitet werden sollten. Der erste Jahrgang brachte neue Stücke von Gerd Domhardt, Wilfried Hiller, Thomas Richter, Marliese Zeiner und Markus Zahnhausen, die von Kinderchören aus Hamburg, Ulm, Söhlde, Halle und Gotha dem neugierigen Publikum engagiert präsentiert wurden. Vor allem beeindruckten die klanglich luziden, elegischen „Sappho-Lieder“ von Hiller und die eher introvertierten, grüblerischen „Nacht Gedanken“ des Anfang 1997 verstorbenen Gerd Domhardt, der sein Werk leider unvollendet hinterließ. Der AMJ wird die nun jährlich folgenden Uraufführungskonzerte in Zusammenarbeit mit dem Accent Musikverlag und den jeweiligen Autorenverlagen in Zukunft regelmäßig dokumentieren und in Form eines Notenheftes samt CD mit den jeweils uraufgeführten Werken herausbringen. Mögen sich möglichst viele kreative Geister hierzulande davon inspirieren lassen. Zu wünschen ist, daß sich in Zukunft möglichst viele junge, aber auch bereits prominentere Komponisten auf dieses Abenteuer einlassen.

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