Seit dem Frühbarock haben Komponisten den Leidensweg Jesu Christi immer wieder mit exzessiver Chromatik, Seufzersekunden, Kreuz- und harten Tritonus-Gängen gepflastert. Ob sie sich dieser Sprache auch heutzutage noch bedienen oder zu neuen Ausdrucksformen finden, ist nun in der Zeit vor Ostern anhand einiger Uraufführungen zu erleben. Im Rahmen des Festivals „PSALM“ kommt am 5. April im Dom der diesjährigen europäischen Kulturhauptstadt Graz die Passion „Leiden und Tod unseres Herrn und Heilands Jesus Christ“ für Alt- und Bass-Solo, Doppelchor und Instrumentalensemble des Wiener Orgelprofessors und Komponisten Michael Radulescu zur Uraufführung. Am darauf folgenden Sonntag, den 13. April führt Thomas Daniel Schlee in Neuss zusammen mit dem dort ansässigen Kammerorchester unter der Leitung von Joachim Neugart sein opus 52 „Der Kreuzweg unseres Herrn und Heilandes“ zum ersten Mal auf. Nicht im engeren, aber zumindest weiteren Sinne zum Thema gehört auch Manfred Trojahns „Requiem“, dessen Neufassung am 18. April in Leipzig mit dem Orchester des MDR unter Howard Arman erstmals zu hören sein wird.
Indes bietet die vorösterliche Zeit nicht nur musikalische Besinnung auf Asche, Leiden, Tod und Jenseits, sondern verschiedene Frühlingsfestivals und eine Fülle neuer Musik, die dem Publikum mehr als genug irdische Gelegenheiten gibt, seiner Passion an der neuen Musik zu frönen. Die 22. Musikbiennale Zagreb präsentiert zwischen dem 4. und 12. April ein Dutzend Uraufführungen kroatischer Komponisten. In exakt demselben Zeitraum bringen die 1979 gegründeten Estländischen Musiktage neue Musik vorwiegend estländischer Komponisten, zum Beispiel von Jaan Rääts, Raimo Kangro, Lepo Sumera, Eino Tamberg und des künstlerischen Leiters Timo Steiner. Im türkischen Izmir schließlich wird vom 17. bis 20. April unter der Leitung von Eduardo Flores Abad das Erste Internationale Festival neuer Musik mit zahlreichen neuen Stücken türkischer Komponisten veranstaltet.
Weitere Uraufführungen
4.4.: Harald Muenz, SprachProben, Kunst-Station Sankt Peter Köln
Tristan Schulze, Der Bär – ein musikalisches Märchen, Konzerthaus Wien
5.4.: Bernd Franke, For Elliott Carter, Staatsgalerie Stuttgart
7.4.: Magnus Lindberg, Jubilees, Cité de la Musique Paris
7./8.4.: Giselher Klebe, Sinfonie Nr. 7, Nationaltheater-Orchester Mannheim
11.4.: Gerhard Wimberger, Seltsam Abendmusik, Wiener Concert-Verein
25.4.: Michael Gielen, Klavierstück in sieben Sätzen, Konzerthaus Berlin
Hanspeter Kyburz, Sextett, Suntory Hall Tokyo