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„Opera Incognita“ realisiert Puccinis „Edgar“
„Opera Incognita“ realisiert Puccinis „Edgar“
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Puccini als Büroalptraum – „Opera Incognita“ realisiert Puccinis „Edgar“ in Münchens Allerheiligenhofkirche

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Mitten in der „Wüste“, der opernlosen Jahreszeit, blüht eine Orchidee: die Truppe „Opera Incognita“ gräbt alljährlich eine Rarität aus und führt sie an einem besonderen Ort auf. Diesmal ist es Puccinis „Zweitling“, sein 100 Minuten langes Musikdrama „Edgar“, dem nur in der vierten Fassung von 1905 ein kurzer Erfolg beschieden war.

 Da schwankt Edgar zwischen dem ausschweifenden Sex mit der zigeunerhaften Tigrana und der zarten Liebe zur hübschen Fidelia; da gibt es die Auseinandersetzungen mit dem Rivalen Frank, dem Vater und der katholischen Dorfgemeinde; Edgar zündet wütend sein Vaterhaus an und flieht mit Tigrana; bald ist er ihrer Wildheit müde und geht zu den Soldaten; als Mönch verkleidet begleitet er sein eigenen Begräbnis und entlarvt dabei Tigranas berechnenden Charakter; als er sich zu erkennen gibt und mit Fidelia glücklich werden will, ersticht Tigrana die Nebenbuhlerin. Diese ohnehin krude Handlung wollte Andreas Wiedermann in typischer Jungregisseur-Manier sowohl „nahe rücken“ wie psychologisch „vertiefen“. 

So zeigt ein überlanges, nur von entsprechenden Geräuschen begleitetes Vorspiel Edgar als heutigen Büro-Manager, der sich aus seinem Alltag voller Routine und Hetze in die Haupthandlung davon träumt. Weit über Mosco Carners tiefenpsychologische Puccini-Deutung hinausgehend, versucht Wiedermann dann eine mal handfeste, mal hanebüchene Mischung aus banalem Naturalismus und überfrachtetem Symbolismus. Prompt sind seine jungen Sänger überfordert. Statt vielem Aktionismus hätte ihnen wohl eine dramaturgisch fundierte und daraus entwickelte, differenzierte Personenregie weitaus mehr gebracht. 

So blieb die Freude an der Begegnung mit kaum auf der Bühne zu hörender Musik. In der Premiere nur schienen die zwölf Instrumentalisten ihre teilweise Herkunft aus dem Salzburger Mozarteum Orchester zu vergessen, der gut zwanzigköpfige Chor eine italienische Arena füllen zu wollen und die fünf Solisten sich an Anna Russels unsterbliche Wagner-Parodie zu halten: „Alles, was du singen kannst, kann ich lauter!“. Spiritus rector der „Opera Incognita“ und Dirigent Ernst Bartmann bremste zu wenig und alle schienen der hilfreichen Klangwirkung der Apsis wie des Hallenraumes der Allerheiligenhofkirche nicht zu trauen: Puccini als Klang-Tsunami. Das schön gelungene Vorspiel zum 3.Akt sollte künftig Maßstab werden. 

Grundsätzlich gab es die Freude an Dorothea Spilgers Tigrana-Mischung aus Carmen und Azucena im Kontrast zur Micaela-nahen Fidelia von Dorothee Koch. Hui Jin glaubte man den Bürokraten, weniger die übrigen Züge Edgars, während Torsten Petschs Frank ein finsteres „alter ego“ Edgars war. Stimmlich verdienten alle den Applaus. Und nachdem die Ohren sich beruhigt hatten, blieb als erfreulicher Eindruck der melodiöse Erfindungsreichtum des dreißigjährigen Puccini, der mal kurz auf seine kommenden Klassiker, mal generell auf den Verismo voraus wies. Mehr noch: zu dem einzigartigen Opernreichtum der Bundesrepublik kommt eben noch die Begeisterung junger Sänger und etlicher Lehrbeauftragten des Mozarteums, voran Barbara Bonney; mitten in den Theaterferien finden sie sich zusammen und wir Opernfreunde kommen in den Genuss einer Rarität, die sonst ein weißer Fleck im Repertoire bliebe.

 

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