Musik entstand immer schon auch in Bezug auf andere Musik. Doch abgesehen von Schumanns „Chopin“ und „Paganini“ sowie Tschaikowskys „Mozartiana“ gibt es Hommagen über andere, meist bereits verstorbene Komponisten erst seit dem Neoklassizismus bzw. Neobarock der 1930er Jahre, etwa Alfredo Casellas „Paganiniana“, Luigi Dallapiccolas „Tartiniana“ oder Phillip Jarnachs „Musik mit Mozart“. Nach 1960 setzen sich immer mehr Komponierende mit älteren Traditionen auseinander. Solche relational auf bestehende Werke bezogene Musik über Musik verdankt sich meist runden Jubiläen verstorbener Meister, deren bleibende Aktualität man neu herausarbeiten und von deren Bekanntheit man ein bisschen profitieren möchte. Am höchsten im Kurs stehen Bach, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann, Wagner, Verdi, Mahler.
Pucciniana
Giacomo Puccini (1858–1924) gehörte bislang nicht zur Riege derjenigen Meister, die zeitgenössische Komponierende besonders interessiert und zu Auseinandersetzungen gereizt hätten. Was wollte man bei ihm auch Neues entdecken und erfahrbar machen? Schließlich war er schon zu Lebzeiten einer der weltweit erfolgreichsten Komponisten und Multimillionär. Sieben seiner zehn Opern gehören bis heute zum internationalen Standardrepertoire und gleich drei seiner Werke, „La bohème“, „Tosca“ und „Madame Butterfly“, rangieren dauerhaft unter den Top-Ten der meistgespielten Opern. Doch wie Puccini in Opernhäusern genießt dieselbe Omnipräsenz Beethoven im Konzertsaal, und dessen Musik wird dennoch – zuletzt anlässlich seines 250. Geburtstags 2020 – am häufigsten zitiert, alludiert, fragmentiert, montiert, re- und dekomponiert. Puccini starb am 29. November 1924 in Brüssel, wo er seine Kehlkopf- und Lungenkrebserkrankung mit Radiumbestrahlung behandeln ließ. Auf seinen hundertsten Todestag genau wird nun an der Opéra Royal de Wallonie-Liège eine zu seinen Ehren in Auftrag gegebene „Pucciniana“ für Orchester, Chor und Solostimmen uraufgeführt. Der 1987 in Verona geborene Dirigent, Cellist und Komponist Andrea Battistoni verarbeitet in dieser Hommage sowohl bekannte als auch unbekanntere Puccini-Themen sowie Textpassagen eines von Puccini nicht zu Ende gebrachten Opernprojekts.
Das Motto „Laissez vibrer“ des Essener Festivals NOW! meint indes keinen Jahrhunderte lang nachklingenden Ruhm musikalischer Superstars, sondern schlicht die Spielanweisung, Perkussionsinstrumente weiter klingen zu lassen, und das gleichnamige Stück für achtzehn Röhrenglocken von Nicolaus A. Huber, der im Dezember seinen fünfundachtzigsten Geburtstag feiert. Aus diesem Anlass spielt das WDR-Sinfonieorchester am 8. und 9. November in Essen und Köln eines von Hubers jüngsten Stücken für Orchester und Zuspiel „… der arabischen 4“. Als Uraufführungen bietet NOW! bis zum 10. November neue Werke von Ioannis Mitsialis, Thomas Neuhaus, Gordon Kampe, Roman Pfeiffer, Richard Barrett und Márton Illés.
Weitere Uraufführungen
01.11.: Hermann Kretschmar, Zehn Préludes für Ensemble Modern, Orangerie Darmstadt
10.11.: Alois Bröder, Nuvole – Konzert für Oboe und Kammerorchester, Volkstheater Rostock; Christian Jost, neues Orchesterwerk, Osnabrück-Halle; Marko Nikodijevic/Robert Henke, Konzert für automatisches Schlagwerk und Orchester, Opernhaus Hannover
14.11.: Benjamin Janisch, Pandora für Orchester, Impuls-Festival Magdeburg
23.11.: Arnulf Herrmann, Un chant d’amour für Doppeltrichterhorn, und Lisa Streich, neues Ensemblewerk, Musikfabrik im WDR Köln
27.11.: Steffen Schleiermacher, Jupiter. Der Sturm – zu Max Beckmann für zwei Saxofone und Schlagzeug sowie Elegie für Saxophonquartett, Gewandhaus Leipzig
29.11.: Clemens K. Thomas, Dollhouse, opera stabile Hamburg
30.10.–30.11.: Wien Modern bietet unter dem Motto „Und jetzt alle zusammen“ 120 Veranstaltungen an 28 Spielstätten mit 50 Uraufführungen von 57 beteiligten Komponistinnen und 77 Komponisten
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