Hauptbild
Du bist ich - oder: Der Traum von der Karibik an der Staatsoperette Dresden. Foto: Pawel Sosnowski

Du bist ich - oder: Der Traum von der Karibik an der Staatsoperette Dresden. Foto: Pawel Sosnowski

Hauptrubrik
Banner Full-Size

Staatsoperette Dresden: Einmal Paris – Karibik und zurück

Vorspann / Teaser

Mit der Operette „Du bist ich“ von Moïses Simons unternimmt die Staatsoperette Dresden eine charmante Weltreise. 

Publikationsdatum
Paragraphs
Text

Für Dresden und ganz Sachsen ist es eine Novität. Die Operette „Toi c’est moi“ stammt von dem Kubaner Moïses Simons (1898-1945). Aber sie ist nicht ladenneu, denn sie wurde 1934 in Paris, wo der Komponist zeitweise auch lebte, mit großem Erfolg uraufgeführt. Die deutsche Übersetzung „Du bist ich“ klingt wie ein Bestseller aus der Philosophie-Wühltheke. In der Ablage der eigentlich spielbaren Operetten-Erbstücke ist sie ziemlich weit nach unten gerutscht. Wie das eben so ist in Zeiten eines immer enger werdenden Kanons. In Altenburg gab es 2013 dann die deutsche Erstaufführung. Für das Thüringer Zweistädtehaus war es ein Volltreffer. Für die Staatsoperette (oder die Musikalische Komödie in Leipzig versteht sich) ist sie per definitionem ein Muss! 

Die Dresdner Inszenierung von Matthias Reichwald schnurrt sie in anderthalb pausenlosen Stunden temporeich ab. Schon für Altenburg hatte Felix Eckerle aus dem kein Klischee auslassenden, französischen Libretto von Henri Duvernois eine augenzwinkernde, perfekt sitzende deutsche Textfassung gemacht. Ohne Anbiedern an die Gegenwart und deren Hang zu Korrektheit und Korrektur. So liefert auch der Text zwar kein Musterbeispiel von Binnenlogik, aber allemal eine Steilvorlage, um aus der schrägen Verwechselungsstory ein Kabinettstück von Komödien-Timing zu machen. Und das funktioniert, weil eine sofort eingängige Musiknummer die nächste ebenso jagt wie ein Kalauer den anderen ablöst und die Pointen-Kanone auf Dauerfeuer gestellt ist. Was auch gut so ist, denn man könnte ziemlich ins Stolpern kommen, wenn man Zeit zum Nachdenken bekäme, um bis zu einem „Wieso-das-jetzt?“ vorzudringen. Davor startet jedes Mal die nächste Rakete des mit karibischem Temperament und Lust zur Operettenparodie gewürzten Nummern-Feuerwerks. 

Bei der Nachmittagspremiere in der Staatsoperette legt sich der neue Chefdirigent des hauseigenen Orchesters Michael Ellis Ingram mit Verve dafür ins Zeug. Ebenso wie das nahezu dauerbeschäftigte, von Gabriel Pitoni choreografierte fabelhafte Ballett des Hauses. Ausstatterin Henriette Hübschmann beschränkt sich auf eine Revuetheater-Bühne im Pariser Klischee. Links eine Band, rechts eine Bar. Wenn hinten der Vorhang hochgeht, kommt das Orchester zum Vorschein. Für den imaginierten Ortswechsel von Paris in die Karibik verschwindet das eine in der Versenkung und kommt als mit Palmwedel bestücktes Plantagenpersonal wieder nach oben. 

Es geht um die reiche (aber selbst ziemlich flotte) Erbtante Honorine (Annette Oswald), die ihrem Neffen Bob (Andreas Sauerzapf) darauf vorbereiten will, dereinst ihre Zuckerohr-Plantage in Übersee zu übernehmen. Ihren Verwalter Pedro instruiert sie, Bob wie einen Sklaven zu halten. Der bekommt das allerdings mit und tauscht mit seinem chronisch unterfinanzierten Freund Patrice (Bryan Rothfuss) mit der titelgebenden Du-bist-ich-Volte die Rolle. Zum Hauptgang eines Operettenmenüs, das mit einem Happy End abgerundet wird, gehört natürlich die entsprechende weibliche Ergänzung. Auf der Plantage in Übersee schnappt sich Honorine selbst ihren stattlichen Verwalter Pedro (Markus Liske), während die beiden Freunde die schöne Maricousa (Christina Maria Frecher) und die heiratswillige Viviane (Dimitra Kalaitzi) abkriegen. 

Hier könnte alles einfach ein Traum von Bob oder ein Abend in einem Pariser Revuetheater (hier dem Kabarett „Zur Weltreise“) sein, durch das Silke Richter als fulminante Conférencière beherzt (in „Cabaret“-Format!) führt. Sie gibt auch den plantagenbesuchenden Gouverneur und Vater, der seine Tochter unter die Haube bringen will. 

Die große Show bewegt sich in Sichtweite der Vorlage aber doch auf eigene Faust, kommt ausgerechnet bei der Titelbehauptung ohne schlichte Nachvollziehbarkeit aus, sondern greift in (bzw. neben) die Philosophiewühltheke und verheddert sich dabei immer mal. Aber welche Operette ist schon völlig logisch. Letztlich ist das vollkommen egal. Denn das Tempo dieser unbekannten und doch so vertrauten Musik entschädigt für alles. Zumal das ganze Ensemble (inklusive des spielfreudigen von Thomas Runge einstudierten Chores) dabei mit spürbarem Spaß an der Sache so zur Hochform aufläuft, dass der Funke bei jeder Nummer überspringt.

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!