Sein Schaffen ist so umfangreich, vielgestaltig, witzig und wandelbar wie es die Nenn- und Schreibweisen seines Namens zu Lebzeiten waren: Hätten, Heiden, Haiden, Heyden, Haytn, Häydn, Heyten, Heyden, Hayden oder eben Haydn. 1732 im niederösterreichischen Rohrau geboren und bis zu seinem Lebensende als 77-Jähriger verantwortlich für die Neue Musik seiner Zeit, war Joseph Haydn in ganz Europa so berühmt und gern gehört, dass dutzende andere Komponisten ihre Partituren unter seinem wohlklingenden Namen veröffentlichten, um ihre Musik besser an den schon damals auf Bekannt-Bewährtes setzenden Hörer zu bringen. Dabei war der zwischen Genialität und Establishment, Intellekt und Galanterie, Lakaiendienst und freiem Unternehmertum spielend agierende Universalist erfinderisch wie nur Wenige.
So ist Haydn nicht umsonst „Composer of the year“. Seinen Form- und Besetzungsexperimenten verdanken das 18., 19. und 20. Jahrhundert den Sonatenhauptsatz, den Sonatenzyklus, das Streich- und Klaviertrio, die Symphonie und die bis heute unangefochtene Königsdisziplin der Kammermusik, das Streichquartett.
Zum 200. Todestag des Vaters der Wiener Klassik am 31. Mai 2009 werden ihm weltweit ein gutes Dutzend musikwissenschaftlicher Symposien, Kongresse und hunderte Konzerte gewidmet. So wartet heuer auch seine langjährige Wirkungsstätte Schloss Esterházy im burgenländischen Eisenstadt – seit Haydns Ableben eher ein Krähwinkel der Neuen Musik – mit gleich drei Novitäten auf. Im Rahmen des sportiv sich der von Haydn maßgeblich geprägten Gattung Streichtrio widmenden „Triothlon-Festivals“ spielt das daselbst beheimatete Haydn-Trio erstmalig „Torso VI“ von Márton Illés und „Hekkan II“ von José María Sánchez-Verdú.
Und am 31. Mai singt in der Eisenstädter Bergkirche der nach dem Vater der Zweiten Wiener Schule benannte Arnold-Schönberg-Chor die Uraufführung von Adriana Hölszkys „Requiem in H“ (sic!). Anschließend erklingt exakt zur Sterbestunde des Meisters an derselben Stätte erstmals Olga Neuwirths „Joseph Haydn. Addio… sognando“ für Trompete solo, und zwar über der Krypta, die seit der Überführung von Wien 1820 Haydns sterbliche Überreste birgt, seit 1954 auch seinen Schädel, den direkt nach der Wiener Bestattung ein pietätloser Anhänger der Gall’schen Schädellehre in Komplizenschaft mit dem Totengräber für Untersuchungszwecke geraubt hatte. Und wenn dann der Rummel vorbei ist: Requiescat in pacem!
Weitere Uraufführungen
02.05.: Wolfgang Rihm, Proserpina, Rokokotheater Schwetzingen
03.05.: Michael Jarrell, Georg Friedrich Haas, neue Ensemblewerke, WDR Köln
09.05.: Martin Christoph Redel, Stefan Lienenkämper, neue Orchesterwerke, Konzerthaus Detmold
10.05.: Moritz Eggert, Linkerhand. Eine Oper nach dem Roman von Brigitte Reimann, Lausitzhalle Hoyerswerda
Giorgio Tedde, Jürg Wyttenbach, neue Ensemblewerke, Gare du Nord Basel
15.05.: Udo Zimmermann, Lieder von einer Insel, Herkulessaal München
16.05.: Reinhard Febel, Frida – Gespensterhaus – Raum 17, Musiktheater-Triptychon nach Gemälden von Kahlo, Hopper und Velazquez, Theater Kiel
Rolf Riehm, Die schrecklich-gewaltigen Kinder, Staatstheater Mainz
24.05.: Thomas Witzmann, … Küche, Diele, Bad … Video-Musik-Installation, Ensemblia Mönchengladbach
31.05.: Mark Moebius/Karola Obermüller, Helges Leben. Oper nach dem Stück von Sybille Berg, Theater Bielefeld