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Neue Musik-Zeitung - Vor 100 Jahren

Neue Musik-Zeitung – Vor 100 Jahren 

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Vor 100 Jahren: Musikbriefe

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Neue Musik-Zeitung, 45. Jg., September 1924, Heft 2
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Aufführung von Orgelwerken und Sopran-Solokantaten von Dietrich Buxtehude in Freiburg +++ Stadtbahnpfiffe und Autohupen beim Verdi-Open-Air in Wien

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Freiburg i. Br. (Collegium musicum) Ein musikalisches Ereignis bedeutete die Aufführung von Orgelwerken und Sopran-Solokantaten von Dietrich Buxtehude. Nach den Originaltabulaturen der Universitätsbibliothek zu Upsala (Schweden) hatte Prof. Dr. Willibald Gurlitt die Werke herausgegeben und durch die Aufführung (zum erstenmal seit nahezu 200 Jahren) ihren künstlerischen Wert durch die Wissenschaft neu erschlossen. Die barocke Formpracht der Kantaten, ihre Geschlossenheit und der Verzicht auf jede äußere Dynamik traten charakteristisch hervor. Die Sopranpartien sang Adelheid La Roche (Basel), während an der Prätorius-Orgel mit souveräner Beherrschung des Technischen und Geistigen Karl Matthaei (Wädenswil) seine Aufgaben bewältigte. Die Wirkung war tief und nachhaltig. […] (Fr. W Herzog)

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Neue Musik-Zeitung, 45. Jg., September 1924, Heft 2

Neue Musik-Zeitung, 45. Jg., September 1924, Heft 2

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Wien. Auf dem populären Fußballsportplatz Hohe „Warte“ drängen sich allabendlich zwanzigtausend Menschen, viel viel mehr als seinerzeit zu Charpentiers Boxkampf, diesmal aber um „Aida“ zu sehen. Das ist gar nicht übel, obwohl es mehr zu sehen als zu hören gibt. Nicht etwa, daß die Truppe Zenatellos schlecht wäre. Ganz im Gegenteil. Es sind ganz ausgezeichnete Sanger, die mit der beneidenswerten Gesundheit ihrer echt italienischen Stimmittel ein Freiluftheater zu füllen vermögen, das sechsmal mehr Hörer faßt als die Mailänder Scala, die nicht zahlenden Zaungäste ungerechnet. Auch die musikalische Leitung durch Pietro Mascagni ist ganz hervorragend. Der interessante Jüngling, um dessen Unterschrift sich vor dreiunddreißig Jahren ganz Wien gebalgt hat, ist zum behäbigen Meister geworden, der aus Verdischem Brio ein italienisches Bühnenweihfestspiel machen möchte, dabei aber ein bedeutender Meister des Taktstocks. Trotzdem mußte in der ungeheuren Weite viel Orchesterfeinheit verloren gehen, und sogar die Kraftstellen hörte man nur wie durch einen Vorhang. Die künstlerisch gewiß nicht zu verachtende Massenwirkung, um die das Ohr kam, wurde dafür dem Auge doppelt reichlich geboten. Die ausgezeichnete Lösung der schwierigen szenischen Probleme, der Beleuchtungsfragen, die Beherrschung des imposanten Aufgebots an zwei- und vierbeinigen Mitwirkenden, unter denen veritable Kamele „hervorragend“ tätig waren, dies alles machte unter dem Rundhorizont des schwarzen Nachthimmels einen unvergeßlichen Eindruck. Und Verdis einzigartig schöne Musik, seine, wie Werfels prachtvoller Verdiroman sie nennt, ewige italienische Melodie konnte es gern und lächelnd ertragen, wenn Stadtbahnpfiffe und Autohupen sich atonal einzumengen versuchten.  (Dr. Rudolf St. Hoffmann, Neue Musik-Zeitung, 45. Jg., September 1924, Heft 2)

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