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Neue Musik-Zeitung - Vor 100 Jahren

Neue Musik-Zeitung – Vor 100 Jahren 

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Vor 100 Jahren: Strawinskys Klavierkonzert

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Neue Musik-Zeitung, 46. Jg., Heft 14, April 1925
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Igor Strawinsky […] entdeckt seine Liebe zu den deutschen Altmeistern: Im letzten Leipziger Gewandhauskonzert saß er selbst am Flügel und spielte unter Furtwänglers Leitung sein bedeutungsvolles Klavierkonzert; in einer Unterredung mit einem Leipziger Musikgelehrten sprach er von Mozart als dem Heiligtum musikalischer Kunst …

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Noch weist sein neues Werk alle Einflüsse außerdeutscher Art auf, die seinen Werdegang bestimmt haben: Das Farbenspiel der französischen Impressionisten, die Melodik russischer Volksweisen in ihrer melancholischen Eigenart und in der Karikatur des modernen Tanzes, den russischen Nihilismus in Nichtachtung herkömmlicher Kompositionsgesetze… Aber doch kündet sich hier mit zwingender Deutlichkeit der Wille zu einem „neuen Klassizismus“ an, der jenseits aller Experimente im zeitgenössischen Musikgeschehen als gangbarer und zielbewußter Weg erscheint.

Zum ersten Male seit langer Zeit hat sich ein Komponist wieder des eigentlichen Zweckes des solistischen Konzertes erinnert, das dem Vorbild der Klassiker einen „Wettstreit“ von Soloinstrument und Orchester darstellen soll. […]

Da fällt Auge und Ohr des Klangkünstlers Strawinsky wie von ungefähr auf das stiefmütterlich behandelte Instrument: er beginnt zu spielen; in Jahresfrist hat er sich „konzertreif“ gemacht, bringt eine Klaviersonate in Paris zur Uraufführung und spielt uns nun selbst dieses eigenartige Klavierkonzert vor. Sein „Reinigungsprozeß“ ist nicht damit beendet, daß er dem Klavier seine ursprünglich bedeutungsvolle Rolle wieder zuweist und die Orchesterpartitur dünn und klanggerecht aufzeichnet: die Geigen, Bratschen, Violoncelli werden als klavierklangfeindlich überhaupt hinausgewiesen! Ein Wettstreit zwischen Soloinstrument und Bläserchören nebst Kontrabässen hebt an – mit gleich verteilten Mitteln. Man staunt über die Angleichung von Klavierkantilene und Holzbläsern, von prasselnden und schmetternden Akkorden und Schlagzeug und Bläsern… […]

A. Baresel, Neue Musik-Zeitung, 46. Jg., Heft 14, April 1925

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