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Dalibor in Prag. Foto: Patrik Borecký
Dalibor in Prag. Foto: Patrik Borecký
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Was sich rächt, das liebt sich – Smetanas „Dalibor“ am Nationaltheater Prag

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Smetana ist „Moldau“, ist „Vaterland“ und „Verkaufte Braut“. Aber dann hört der Spaß meistens schon auf. „Libusa“? „Dalibor“? Oder gar „Der Kuss“, „Das Geheimnis“, „Die Teufelswand“? Kaum gespielte, kaum bekannte Werke. Eine der genannten Opern hat es nun immerhin mal wieder auf die Bühne des Prager Nationaltheaters geschafft. Ein Bericht von Michael Ernst.

Gestreikt wurde nicht, aber gestritten. Auf, vor und hinter der Bühne. Irgendwie passt das zu Bedřich Smetana und seiner Nationaloper „Dalibor“. Die wird nur selten gespielt, ist außerhalb Tschechiens eine Rarität, aber auch in den böhmischen Grenzen keine Selbstverständlichkeit. Umso interessanter schien es doch, sich einmal anzuschauen, wie sich eine Neuproduktion dieses Stückes am Nationaltheater in Prag ausnehmen wird.

Um das Ende vorwegzunehmen: Es gab ein heftiges Buh-Konzert für die Regie von Jirí Nekvasil und ordentlichen Applaus für die Solistenriege sowie für Orchester, Chor und Ballett des Hauses, in dem „Dalibor“ an die zwanzig Jahre nicht mehr gespielt worden ist.

Zu dessen 1868 erfolgter Grundsteinlegung allerdings Smetana seinen Dreiakter „Dalibor“ komponierte. Deren Premiere Ende Juni 2019 beinahe geplatzt wäre. Grund dafür sind interne Streitigkeiten um die nähere Zukunft des Hauses gewesen. Der mögliche Theaterstreik fand glücklicherweise nicht statt.

Dafür das Streiten im Stück. Tödliches Theaterstreiten. Wie soll der Tod eines offenbar sehr engen, sehr geliebten Freundes gerächt werden? Ritter Dalibor kennt da kein Pardon: Blutrache! Das macht seinen Zdeněk zwar nicht wieder lebendig, gilt aber als so heldenhaft männlich, dass sich Milada, die Schwester des zur Strafe getöteten Burggrafen, für Dalibor einsetzt und sich sogar in ihn verliebt. Vom Waisenmädchen Jitka wird sie sogar dazu überredet, sich einem Aufstand gegen den Königshof anzuschließen. Daraus wird dann ein beinahe leonorenhafter Befreiungsversuch aus dem Kerker, aber kein Happy End mit Trompetensignal und Revolutionsstimmung, sondern Tod, Mord und Selbstmord.

Böhmens Geschichte am Ende des 15. Jahrhunderts also, das kommt tatsächlich so tümelnd daher, wie es klingt. Obwohl das Orchester des Nationaltheaters das Haus mit warmem Streicherklang füllte, von musikantisch farbig rauschendem Gebläse durchsetzt, und Smetana hier mal nicht so ohrwürmelnd mitreißt wie in seiner „Verkauften Braut“, dafür aber eine emotionale Dramatik in die Partitur gesteckt hat, die das ritterliche Treiben hübsch in Spannung hält.

Und wenn dann noch das Solistenensemble mit einer auch spielerisch überzeugenden Alzbeta Polácková aufwartet, die als liebenswerte Jika so eindringlich klingt, als wäre sie die eigentliche Hauptrolle, zudem Dana Buresová ihre Milada höchst dramatisch gestaltet, dann sind die Freunde feiner Sangeskunst schon bestens bedient. Michal Lehotsky in der Titelpartie sieht zwar eher niedlich denn reckenhaft aus, strahlt aber mit selbstbewusstem Heldentenor, der den baritonalen König Vladislav arg in den Schatten stellt. Was weniger an der vokalen Gestaltung von Adam Plachetka als an dessen Vor-Führung liegt – halbnackt tritt er auf, wird von einem Harems-Ensemble junger Damen verwöhnt und hüllt sich in eine Flagge mit Böhmens Löwen, das sorgt – einerseits – umgehend für ein heftig beleidigtes Buh aus dem Rang, andererseits für eher unfreiwillige Komik.

Auch das mit zunehmender Ungeduld erwartete Finale dieses zwischen mystisch und märchenhaft unentschiedenen Inszenierung im überwiegend dunklen Bühnenbild von Daniel Dvorák findet bei großen Teilen des Publikums keine Zustimmung. Was an der doch überkommenen Handschrift liegen mag, den kaum vorhandenen Personenbezügen, der schemenhaften Chorführung (obwohl dieses Ensemble sängerisch wieder bestens präpariert war!) und dem eher unglücklichen Versuch, mit kauzigen Karnevalsrittern und überreichlich Bühnennebel einen Hauch Moderne ins Geschehen zu bringen. Die armen Kerle stelzten maniriert durch die Szene, als wären sie aus urzeitlichen Science-Fiction-Rollen gestürzt – doch um nicht wirklich zu stürzen, müssen sie ihre spitznasigen Helme jedesmal abnehmen, wenn sie die Bühnenpodeste bedienen. Die Kostüme von Zuzana Bambusek Krejzková sind insofern stimmig zur Szene gewählt.

Unter der musikalischen Leitung von Jaroslav Kyzlink jedoch erklingt dieser „Dalibor“ unstreitbar hörenswert und macht mit einer zur Rarität geratenen Nationaloper bekannt.

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