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Junge Talente kamen zum Zuge: Kontrabassistin Christine Felsch. Foto: Grünefeld
Junge Talente kamen zum Zuge: Kontrabassistin Christine Felsch. Foto: Grünefeld
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Weit über Epochengrenzen hinaus

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14. Internationales Kammermusikfest Lübeck 2004
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Wenn ein Konzept sich bewährt hat, denkt niemand unmittelbar an Veränderungen. So war für das Internationale Kammermusikfest Lübeck die Epoche 1871 bis 1918, die Kaiserzeit, bisher der unverrückbare Rahmen für die Gestaltung der Programme. Historische Stoffwechsel der Stile bieten da ein breites Spektrum, vor allem, weil die künstlerische Direktorin, Evelinde Trenkner, im ausgewogenen Mix etablierte und vernachlässigte Werke für Klavier und/oder Kammerensembles berücksichtigt. Doch der Generationenwechsel und das Repertoire der beteiligten Musiker fordern auch hier gelegentlich Zugeständnisse, um die Attraktivität des Festivals zu erhalten.

Die gelungene Überraschung am Himmelfahrtswochenende 2004 war der Auftritt von Babette Haag, die am Marimbaphon zunächst ihr sublimes Arrangement der „Suite Nr. 4 für Solo-Cello“ von Johann Sebastian Bach vorstellte. Eine respektable Reminiszenz an Pablo Casals‘ Premiere dieses Zyklus im Jahre 1904. Mit der gezwirbelten „Tambourin Paraphrase“ von Keiko Abe, dem lyrischen „Little Prayer“ von Evelyn Glennie und den rasanten Perkussion-„Rebounds“ von Iannis Xenakis beförderte Babette Haag das Kammermusikfest Lübeck dann schlagfertig in die Gegenwart. Durch ihre fabelhafte Bühnenpräsenz, selbstironisch moderiert, erreichte sie schnell die Sympathien des Publikums, das mit den ungewohnten Klängen durchaus einverstanden war.

Auch Christine Felsch zeigte mit ihrem Klavierpartner Jacques Ammon jugendliche Dynamik beim „Konzert für Kontrabass und Klavier“ von Giovanni Bottessini, eine Rarität artistischer Schwierigkeiten, die sie geradezu elegant meisterte. Mikhail Zemtsov (Viola) und Alexander Markovich (Klavier) hatten die selten zu hörende „Sonate für Viola und Klavier“ von Rebecca Clarke ausgesucht, eine straff gezurrte Komposition im Stil der klassischen Moderne. Die britische Komponistin hatte dieses Werk 1918 bei einem Wettbewerb eingereicht und, heute ein Kuriosum, nur wegen ihres männlichen Pseudonyms Anthony Trent teilnehmen können und den ersten Preis bekommen.

Beim Repertoire fürs Klavier blieb das Festival der selbst markierten Ära treu, so wenn Mozarts „Sonate F-Dur“ vom Duo Sontraud Speidel/Evelinde Trenkner mit der Gaze der von Edvard Grieg „frei hinzu komponierten Begleitung eines zweiten Klaviers“ romantisch verfeinert wurde. Im Kontrast dazu die leidenschaftliche, ja manchmal groteske Gestik, mit der Solist Alexander Markovich die „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky betrachtete; dieses Musik-Epitaph wurde bei ihm zur Totenbeschwörung des Alten Russland.

Das Bewusstsein für die Aktualität einer Epoche und deren mögliche geistige Brücken zur Gegenwart versuchte Moderator Hermann Boie zu vermitteln. Seine Hinweise auf musikhistorische Zusammenhänge über Epochengrenzen hinaus waren wie Abwägungen einer mäßig veränderten Programm-Balance, um dem Internationalen Kammermusikfest Lübeck ein auch vom Publikum akzeptiertes zeitgemäßes Profil zu geben.

http://www.scharwenka.de

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